Eltern und Kind
Andere Erkrankungen im Kindesalter
ADS und ADHS
ADS (Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom) bzw. ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom mit Hyperaktivität): Störungen des Verhaltens, in deren Mittelpunkt eine nicht altersgemäße Ablenkbarkeit steht.
Beim ADHS (früher auch als hyperkinetisches Syndrom bezeichnet) besteht zudem eine über das Normale hinausgehende Impulsivität und Überaktivität. Da sich auch normale Kinder durch eben diese Verhaltensweisen (Ablenkbarkeit, Impulsivität und Bewegungsdrang) auszeichnen, ist die Grenzziehung zwischen normalem und abnormalem Verhalten im Einzelfall schwer und unter Eltern, Lehrer*innen und Kinderärzt*innen heftig umstritten. Etwa 5 % der Kinder sollen betroffen sein, Jungen wesentlich häufiger als Mädchen (Verhältnis 4 : 1). Die Diagnose wird bei Kindern seit Jahren immer häufiger gestellt, dabei ist jedoch unklar, ob auch die Zahl der Krankheitsfälle steigt oder nur die Zahl der gestellten Diagnosen.
Die ersten Zeichen treten teilweise schon bei Babys auf, die Erkrankung wird aber meist erst ab dem 7. Lebensjahr festgestellt. Zunehmend wird klar, dass das AD[H]S oft auch im Erwachsenenalter fortbesteht.
Alternative Bezeichnungen. In der Schweiz ist das AD[H]S auch unter dem (älteren) Begriff POS (Psychoorganisches Syndrom) bekannt. Der ältere Begriff Minimale Zerebrale Dysfunktion (MCD) wird nicht mehr verwendet.
Symptome und Leitbeschwerden
Unaufmerksamkeit:
- Das Kind hat Probleme, die Aufmerksamkeit bei Aufgaben oder im Spiel zu halten und ist leicht abzulenken
- Es fällt ihm schwer, Aktivitäten oder Aufgaben zu organisieren
- Das Kind meidet unliebsame Tätigkeiten wie Hausaufgaben, bei denen eine durchgängige geistige Aktivität erfordert wird
- Es scheint häufig nicht zu hören, dass jemand mit ihm spricht
- Das Kind vergisst Dinge und Aufgaben
- Es folgt Anweisungen häufig nicht vollständig und schafft es nicht, Spiele oder Arbeiten zum Abschluss zu bringen
- Das Kind verliert häufig Sachen wie Spielzeug oder Stifte, die für Tätigkeiten benötigt werden.
Hyperaktivität:
- Das Kind rutscht auf dem Stuhl herum und zappelt mit Händen und Füßen
- Es verlässt z. B. in der Schule mehrmals seinen Platz
- Das Kind rennt oder klettert, auch wenn die Situation unpassend ist
- Es wird beim Spielen unnötig laut.
Impulsivität:
- Bevor eine Frage vollständig gestellt wurde, platzt das Kind schon mit der Antwort heraus
- Das Kind hat Probleme, so lange zu warten, bis es an der Reihe ist
- Es unterbricht und stört Spiele oder Gespräche von anderen oder mischt sich ein.
Wann zum Kinderarzt
In den nächsten Wochen, wenn
- Sie nach Rücksprache mit Erzieher*innen oder Lehrer*innen ein AD[H]S bei Ihrem Kind vermuten und sich die auffälligen Verhaltensweisen über einen längeren Zeitraum nicht ändern.
Die Erkrankung
Ursachen und Risikofaktoren
Die Gründe für AD[H]S sind nicht abschließend geklärt, vermutlich ist die Störung nicht nur auf eine einzelne Ursache zurückzuführen.
Vererbung. Als sicher gilt heute, dass bei manchen Kindern eine erbliche Veranlagung eine Rolle spielt, da in einigen Familien AD[H]S gehäuft auftritt. Die meisten AD[H]S-Kinder haben mindestens einen betroffenen Verwandten; und etwa 30 % aller Männer, die AD[H]S hatten, haben später selbst Kinder mit der Störung.
Organische Ursachen. Bei einigen Kindern sind organische Veränderungen des Gehirns beteiligt; so sind bei AD[H]S-Kindern bestimmte Gehirnteile weniger empfindlich für die durch den Botenstoff Dopamin vermittelten Belohnungssignale. Sie benötigen deshalb womöglich intensivere Reize, um sich selbst zu spüren und wohlzufühlen. Hierzu passt, dass bei etwa einem Drittel der AD[H]S-Kinder auch neurologische oder kognitive Auffälligkeiten gefunden werden, etwa Störungen der Feinmotorik, Teilleistungsstörungen, Tics oder Probleme im Bereich der sinnlichen Wahrnehmung. Auch die Tatsache, dass Frühgeborene sowie Kinder von Müttern, die während der Schwangerschaft geraucht, Alkohol getrunken oder Drogen konsumiert haben, ein erhöhtes AD[H]S-Risiko haben, spricht für die Theorie, dass hinter einem AD[H]S auch eine gestörte Gehirnreifung bzw. -organisation steckt.
Exogene Faktoren. Auch Faktoren, die von außen kommen, also der Einfluss von Umwelt oder Gesellschaft, werden als Ursache diskutiert. Dazu gehören veränderte Familienverhältnisse, Reizüberflutung bei gleichzeitigem Bewegungsmangel und starke Leistungsorientierung. Zudem spielen die Erwartungen der Gesellschaft eine Rolle: Ob ein Kind mit einem bestimmten Verhalten andere stört, hängt auch davon ab, wie Kinder ihren Tag verbringen sollen – stundenlanges Stillhalten gehört nicht zum normalen Verhaltensrepertoire von Kindern.
Temperament. Wie aktiv Kinder sind, ist stark von ihrem Temperament geprägt – und das ist zumindest teilweise angeboren. Zudem brauchen manche Kinder mehr Auslauf als andere, um seelisch ausgeglichen und aufnahmefähig zu sein. Insofern könnte hinter manchen Fällen von „Hyperaktivität“ auch die eingebaute Bewegungsbremse der heutigen Umwelt stecken.
Ernährung. Nahrungsmittelallergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten werden in letzter Zeit häufig als Ursache diskutiert. Trotz erheblicher Forschungsanstrengungen ließ sich ein Zusammenhang mit bestimmten Nahrungsmitteln, Nahrungsmittelzusätzen, Konservierungsstoffen (etwa Phosphaten) oder Zucker nicht erhärten. Zucker erzeugt kein AD[H]S.
Klinik
So uneinheitlich die Definition und die Ursachen des AD[H]S sind, so wenig einheitlich sind auch seine Erscheinungsformen. Je nach Fall werden die 3 Hauptmerkmale des AD[H]S, also Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität, in unterschiedlicher Ausprägung beobachtet. Diese 3 Hauptmerkmale müssen keineswegs gleichzeitig vorliegen.
- Der vorherrschend unaufmerksame Typ („Hans Guck-in-die-Luft“, „Träumerchen“): Diese Kinder sind leicht abzulenken, ohne hyperaktiv zu sein. Oft handelt es sich dabei um Mädchen.
- Der vorherrschend hyperaktiv-impulsive Typ („Zappelphilipp“): Diese Kinder haben Probleme mit ihrem ständigen Bewegungsdrang und ihrer Impulsivität. Wenn sie einmal zur Ruhe kommen, können sie sich teilweise gut konzentrieren.
- Der Mischtyp: Hier sind alle 3 Hauptmerkmale vertreten. Die meisten erkrankten Kinder sowie fast alle schweren Formen fallen in diese Kategorie.
Einfluss des Alters. Außerdem verändert sich das Bild der Störung mit dem Alter des Kindes.
- Säuglingsalter: Schon als Baby sind manche Kinder sehr unruhig, schreien viel und schlafen wenig. Wenn sie mal im Krabbel- und Laufalter sind, ist nichts vor ihnen sicher. Wie aufgedreht untersuchen sie ihre Umgebung, haben aber Probleme, sich länger mit einer Sache zu beschäftigen.
- Kleinkindalter: In dieser Zeit ist AD[H]S oft nur schwer zu erkennen, da auch gesunde Kleinkinder ständig in Bewegung sind. Die Kinder fallen z. B. im Kindergarten dadurch auf, dass sie im Stuhlkreis zappeln und nicht zuhören, sich nicht an Regeln halten, wenig Konstruktives spielen (z. B. keine Türme bauen oder Puzzles legen) und es zwischen ihnen und den anderen Kindern sehr häufig Auseinandersetzungen gibt. Vielfach werden diese Erscheinungen als Unarten oder Ausdruck falscher Erziehung angesehen – was sie durchaus sein können, aber nicht müssen.
- Schulalter: Hier treten die Probleme wesentlich deutlicher zutage, da nun von dem Kind erwartet wird, sich längere Zeit zu konzentrieren. Auch nach einer Eingewöhnungszeit von 1–2 Monaten springen die Kinder noch unvermittelt von ihrem Stuhl auf, sprechen, ohne aufgerufen zu werden, reagieren oft aggressiv und ertragen Misserfolge nur sehr schlecht. Den Eltern fällt auf, dass das Kind endlos an den Hausaufgaben sitzt, da es ständig mit anderen Dingen beschäftigt ist. Meist dauert es nicht allzu lange, bis die Schulleistung zu wünschen übrig lässt und weitere Probleme wie Aggressivität, Depressionen und Familienstreit hinzukommen.
- Pubertät: In dieser schwierigen Zeit verkehrt sich die Hyperaktivität oft in ihr Gegenteil, das heißt, die motorische Unruhe nimmt ab, die Jugendlichen werden aber inaktiv und haben zu nichts mehr Lust.
Verlauf
AD[H]S ist normalerweise eine „Kinderkrankheit“, dennoch treten einige der Verhaltensweisen auch noch im Erwachsenenalter auf – allerdings deutlich weniger ausgeprägt als bei Kindern. Sicher ist aber eines: Überaktives Verhalten wird häufig zu einem Problem:
- Zum einen für die Umwelt des Kindes – mit seinem Verhalten stört das betroffene Kind Mitschüler*innen, Lehrer*innen und Eltern teils erheblich.
- Zum anderen für das Kind selbst – z. B. weil es die Schule trotz guter Begabung nicht schafft, weil es ständige Konflikte mit Freund*innen, Eltern und Lehrer*innen gibt oder weil es aufgrund der schlechten Erfahrungen mit Aggressionen oder Depressionen reagiert.
Ist die Überaktivität eines Kindes so stark ausgeprägt, dass es durch sein Verhalten sowohl seiner Umwelt als auch sich selbst „im Weg steht“, wird deshalb zu Recht von einer Überaktivitätsstörung gesprochen.
Folgeprobleme. Das unangepasste, von der Umwelt als „schwierig“ empfundene Verhalten lässt das Kind bald im Freundeskreis und in der Familie immer mehr ins Abseits geraten. Seine schulischen Leistungen werden trotz ausreichender Intelligenz früher oder später immer schlechter – ein Teufelskreis entsteht aus mangelnder Bestätigung bzw. Erfolgserlebnissen, Kränkung und schließlich problematischem Verhalten.
AD[H]S im Erwachsenenalter. Experten gehen davon aus, dass ein kindliches AD[H]S sehr häufig auch im Erwachsenenalter fortbesteht. Etwa die Hälfte aller Betroffenen haben zumindest teilweise im späteren Leben noch mit den Symptomen zu tun. Es wird geschätzt, dass etwa 3 % der Erwachsenen, v. a. Männer, an einem AD[H]S leiden. Während im Erwachsenenalter die motorische Überaktivität in den Hintergrund tritt, wird vor allem die Aufmerksamkeitsstörung und mangelnde Affektkontrolle (v. a. Aggressivität) zum Ausgangspunkt von psychosozialen Folgeproblemen – von Arbeitslosigkeit über Verkehrsunfälle bis hin zu riskantem Sexualverhalten und Kriminalität. Eine Studie aus dem Jahr 2016 hat zudem bei Frauen einen Zusammenhang zwischen AD[H]S und dem Risiko für Adipositas festgestellt. Außerdem steigt mit dem AD[H]S das Risiko für weitere Erkrankungen, insbesondere Suchterkrankungen, Depressionen, Angsterkrankungen und Persönlichkeitsstörungen.
Diagnosesicherung
Der erste Ansprechpartner bei einem entsprechenden Verdacht ist die Kinderärzt*in. Aber viele Kinderärzt*innen überweisen das Kind dann an eine Fachärzt*in für Kinder- und Jugendpsychiatrie oder an eine Kinderpsycholog*in, denn die Diagnose eines AD[H]S erfordert viel Erfahrung und ist sehr aufwendig. Sie umfasst neben einer gründlichen allgemeinen und neurologischen Untersuchung auch psychologische Tests und eine Beurteilung des Kindes durch weitere Personen, z. B. Erzieher*innen oder Lehrer*innen (gegebenenfalls mithilfe standardisierter Beobachtungsbögen, den Conners-Bögen). Andere Erkrankungen, z. B. eine Schilddrüsenüberfunktion, besondere Formen der Epilepsie, nicht erkannte Minder- oder Hochbegabung und viele Formen von sonstigen Verhaltensstörungen müssen ausgeschlossen werden.
Bei der Diagnose wird auch immer das Alter des Kindes berücksichtigt, denn je jünger ein Kind ist, desto eher sind „unreife“ und impulsive Verhaltensweisen dem Alter entsprechend und somit normal. Die Diagnose AD[H]S wird gestellt, wenn
- das auffällige Verhalten nicht nur in der Schule, sondern zusätzlich in mindestens einer anderen Umgebung (wie zu Hause oder Freundeskreis) beobachtet wurde.
- dieses Verhalten seit mindestens 6 Monaten anhält.
- für das auffällige Verhalten andere psychische Erkrankungen als Ursachen ausgeschlossen wurden.
- zusätzlich durch das Verhalten der Alltag sehr behindert wird, z. B das Familienleben, die schulische Leistung oder Freundschaften.
Hinweis: Fast alle Kinder zeigen hin und wieder eine dieser Verhaltensweisen. Für die Diagnose eines AD[H]S aber müssen diese Beschwerden während der letzten 6 Monate beständig in einem mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenen Ausmaß und in verschiedenen Umgebungen vorliegen, z. B. in Kindergarten und Familie, Schule und Freundeskreis. Alle Zeichen des AD[H]S treten vorübergehend auch bei nicht davon betroffenen Kindern auf, z. B. nach besonderen Belastungen (Scheidung der Eltern).
Behandlung
Die Therapie setzt auf mehreren Ebenen an:
- In einer Familientherapie lernen Eltern, wie sie am besten mit einem von AD[H]S betroffenen Kind umgehen, da diese sehr anstrengend sind und ihre Eltern nicht selten an deren Grenzen bringen. Ältere Kinder lernen in einem Selbstinstruktionstraining, sich gewissermaßen selbst zu kontrollieren. Es werden vor allem verhaltenstherapeutische Verfahren eingesetzt, bei denen Eltern und das betroffene Kind systematisch günstigere Verhaltensweisen lernen sollen. Spiel- und Ergotherapie werden oft für die Kinder empfohlen, ihr Zusatznutzen ist jedoch nicht erwiesen.
- Medikamente kommen dann infrage, wenn sich durch Änderungen des häuslichen und schulischen Umfeldes sowie durch verhaltenstherapeutische Maßnahmen keine Besserung einstellt.
Pharmakotherapie
Zur medikamentösen Behandlung von AD[H]S-Patient*innen werden nicht etwa beruhigende Substanzen eingesetzt, sondern – anscheinend widersprüchlich – stimulierende. Es wird also nicht die Hyperaktivität gedämpft, vielmehr werden steuernde Einflüsse des Gehirns sowohl auf Bewegungen als auch auf die Aufmerksamkeit verstärkt.
Auf Gesunde wirken diese Präparate aufputschend und stimmungsaufhellend; daher fällt der Einsatz eines Teils dieser Medikamente auch unter das Betäubungsmittelgesetz. Bei Kindern mit AD[H]S ist es umgekehrt: Die Kinder werden nach der Einnahme ruhiger, weniger impulsiv und können sich besser konzentrieren.
Wirkstoffe. In den deutschsprachigen Ländern wird hauptsächlich Methylphenidat eingesetzt, besser bekannt unter den Handelsnamen Ritalin®, Medikinet®, Concerta® und Equasym®. 4 % der US-amerikanischen Schulkinder nehmen Methylphenidat regelmäßig ein, in Deutschland dürften es weniger sein, genaue Daten sind aber nicht verfügbar. Weitere Wirkstoffe in der AD[H]S-Behandlung sind Dexamfetamin und Lisdexamfetamin. Neuerdings stehen mit Atomoxetin und Guanfacin 2 Präparate zur Verfügung, die nicht stimulierend wirken. Sie sind indiziert, wenn Stimulanzien nicht vertragen werden oder nicht wirken.
Die Behandlung mit allen erwähnten Medikamenten bedarf ständiger fachärztlicher Kontrollen durch eine Kinderärzt*in oder Kinderpsychiater*in.
Bewertung. Natürlich sollten Medikamente nur nach sorgfältiger Diagnostik eingesetzt werden und nur bei solchen Kindern, bei denen die nicht medikamentösen Maßnahmen nicht ausgereicht haben. Gezielt eingesetzt, ermöglichen die Medikamente durch ihre ausgleichende Wirkung überhaupt erst nicht-medikamentöse Behandlungen, die bis dahin unmöglich gewesen wären. Das heißt, der Teufelskreis aus Verhaltensauffälligkeiten und sozialen Folgeproblemen wird unterbrochen und das Kind sozial integriert.
Umstritten sind die Medikamente weniger wegen ihrer kurzfristigen Nebenwirkungen (v. a. Appetitmangel, Gewichtsverlust oder Schlaflosigkeit) als vielmehr wegen möglicher Langzeitfolgen, etwa einer dadurch entstehenden Suchtgefährdung (von der Tabletten- bis zur Alkoholsucht). Hierfür gibt es bisher jedoch keine schlüssigen wissenschaftlichen Studien.
Viele Kinder nehmen die Medikamente während ihrer gesamten Schulzeit ein. Macht das Kind gute Fortschritte, wird durch Auslassversuche geprüft, ob die (medikamentöse) Behandlung weiterhin erforderlich ist.
Konservative Behandlung
Biofeedback beschreibt die Rückmeldung von Körpersignalen über Ton oder Bildschirm zum Beispiel im Rahmen eines Atemtrainings oder von Muskelentspannungsübungen. Dabei werden mit elektronischen Hilfsmitteln biologische Vorgänge, die der unmittelbaren Sinneswahrnehmung nicht zugänglich sind, dem eigenen Bewusstsein zugänglich gemacht. Betroffene lernen dadurch, ihre Körpersignale besser zu verstehen und so ihr Verhalten zu kontrollieren. Im Einzelnen werden als Vorgänge im Biofeedback genutzt:
- Atemmuster wie Atemfrequenz oder Atemamplitude
- Blutdruck und seine Veränderung
- Pulsfrequenz,-amplitude und -variabilität
- Hauttemperatur und -widerstand.
Neurofeedback ist eine Biofeedback-Methode, bei der die elektrischen Gehirnströme mittels Elektroenzephalografie (EEG) in Echtzeit gemessen und auf einem Monitor dargestellt werden, um das Erzeugen bestimmter Frequenzbereiche zu trainieren. Etwa die Hälfte der Kinder mit AD[H]S profitiert von einer Neurofeedback-Therapie. Die Aufmerksamkeit verbessert sich mit der Anzahl an Sitzungen. Wichtige Voraussetzung für einen Behandlungserfolg ist eine ausreichende Motivation des betroffenen Kindes und seiner Eltern sowie die Bereitschaft, auch außerhalb der Sitzungen zu trainieren.
Therapie der AD[H]S nach der Pubertät
Mehr als die Hälfte der von AD[H]S betroffenen Kinder und Jugendlichen nimmt die Erkrankung teilweise oder vollständig ins Erwachsenenalter mit. Auf eine psychiatrisch-fachärztliche und psychotherapeutische Behandlung sprechen die Betroffenen gut an; es werden Besserungsquoten von etwa 70 % genannt.
Bewährt hat sich eine Kombination aus Pharmako- und Psychotherapie sowie eine sozialpsychiatrische Begleitung. In der Psychotherapie scheint besonders die verhaltenstherapeutisch orientierte Gruppentherapie erfolgversprechend zu sein.
Pharmakotherapie. Zur Behandlung von AD[H]S nach der Pubertät wird vor allem Methylphenidat eingesetzt. Es wird Patienten ab 18 Jahren verschrieben, die seit dem Kindesalter an AD[H]S erkrankt sind und auf andere therapeutische Maßnahmen nicht ausreichend ansprechen. Wenn Methylphenidat nicht hilft, bietet sich eine Behandlung mit Atomoxetin an.
Ihr Apotheker empfiehlt
Was Sie als Eltern tun können
Auch wenn jedes Kind anders ist, einige Grundsätze gelten immer:
- Ihr Kind ist schwierig – halten Sie zu ihm! Ein Kind mit AD[H]S leidet selbst darunter, dass es so oft „aneckt“. Nehmen Sie ihm das – nur allzu naheliegende – Gefühl, „schlecht“ oder „böse“ zu sein. Am besten sehen Sie im Tagesplan regelmäßig Zeiten vor, in denen Sie nur für das betroffene Kind Zeit haben.
- Klare Regeln, Grenzen und Strukturen. Kinder mit einem AD[H]S brauchen einen geregelten Tagesablauf mit festen Mahlzeiten und ausreichend Schlaf. Uneinheitliche Erziehungsregeln gilt es zu vermeiden. Statt Schimpfen und Diskussionen sollten im Voraus festgelegte Regeln und Konsequenzen gelten.
- Möglichst viel Lob. Das Kind sollte für gelungenes Verhalten konsequent gelobt werden. Die Kinder leiden unter ihrem Anderssein, sie müssen viel einstecken und brauchen deshalb Lob und Anerkennung mehr noch als gesunde Kinder.
- Ruhige Umgebung. Kinder mit AD[H]S verarbeiten Informationen besonders schlecht, wenn viele Reize gleichzeitig auf sie einwirken. Hausaufgaben sollten deshalb in einem ruhigen Raum gemacht werden, ohne Radio und Geschwister. Fernseh- und Computerzeit sollte maßvoll zugeteilt werden. Der freie Zugang zu diesen Medien ist kontraproduktiv. Auch die Mahlzeiten sollten ohne Störquellen wie Radio oder gar Fernsehen stattfinden.
- Nicht überfordern, nicht unterfordern. Klären Sie, ob Ihr Kind vielleicht hoch- oder minderbegabt ist, und wählen Sie eine seiner Begabung entsprechende Schule. Lange Arbeiten überfordern die meisten Kinder, während sie bei begrenzten kurzen Aufgaben eher Erfolgserlebnisse haben.
- Ausreichend Bewegung. Sie sollten Ihrem Kind auf jeden Fall genug „Auslauf“ verschaffen, nicht nur einmal am Tag, sondern auch zwischendurch. Günstig sind auch kreative Freizeitbeschäftigungen, z. B. Malen oder Tanzen.
- Ernährung bzw. Diät. Ob Diäten etwas ausrichten, ist Glaubenssache. Beweise gibt es dafür nicht. Viele Eltern sind nicht davon abzuhalten, eine der „beschworenen“ Diäten auszuprobieren. Da eine Diät die soziale Isolation des Kindes womöglich verstärkt, sollte sie nur beibehalten werden, wenn wirklich eine positive Reaktion beobachtet wurde, und zwar nicht nur von einem Familienmitglied, sondern auch von Lehrern.
- Kontakt zu Erzieher*innen und Lehrer*innen. Die Betreuer'innen Ihres Kindes sollten Sie unbedingt informieren, damit seine Auffälligkeiten nicht als Unart, sondern als Erkrankung gesehen und die Erwartungen an das Kind entsprechend angepasst werden. Auch in der Schule sollte ein Teil der oben genannten Regeln umgesetzt werden, indem Ihr Kind z. B. einen möglichst ruhigen Sitzplatz innerhalb des Klassenraums bekommt. Leider besteht aber in deutschen Schulen im Umgang mit AD[H]S (und anderen „schwierigen“ Kindern) ein ausgesprochenes „Aufmerksamkeitsdefizit“, was mitunter an den vielfältigen Anforderungen bei dünner Personaldecke liegt.
Komplementärmedizin
Leider fehlt bisher ein gesicherter Nachweis, dass Heilpflanzen und Co. bei AD[H]S helfen. Auch wenn die wissenschaftlichen Beweise noch fehlen, so sind die alternativen Behandlungsansätze für einige Begleitsymptome wie Schlafstörungen und Unruhe durchaus hilfreich und einen Versuch wert.
Baldrian. Für den Tee 1/4 l kaltes Wasser auf 1 Teelöffel getrocknete Baldrianwurzel geben, über Nacht stehen lassen und anschließend abseihen. Lassen Sie Ihr Kind vor dem Schlafengehen eine ½ oder 1 Tasse davon trinken. Zur längeren Anwendung eignet sich eine Baldrian-Tinktur aus der Apotheke. Geben Sie Ihrem Kind 3 Monate lang dreimal täglich nach dem Essen 10 Tropfen auf ein Stück Würfelzucker.
Johanniskraut. Zur allgemeinen Nervenstörung und gegen innere Unstimmigkeit bietet sich ein Tee an. Nehmen Sie dazu 2 Teile Johanniskraut, 2 Teile Zitronenmelisse, 2 Teile Lavendelblüten und übergießen diese Mischung mit ½ l kochendem Wasser. 10 Minuten ziehen lassen, abseihen und über den Tag verteilt einmal eine Tasse zum Trinken geben. Auch regelmäßige Einreibungen mit Johanniskrautöl wirken ausgleichend. Reiben Sie entweder ein- bis zweimal wöchentlich den ganzen Körper damit ein oder morgens und abends nur Brust und Rücken.
Melisse-Johanniskraut-Tee. Wenn Ihr Kind über längere Zeit schlecht schläft, hilft ein Tee aus Melisse und Johanniskraut. Nehmen Sie dazu jeweils 1 Teelöffel, übergießen die Mischung mit ¼ l kochendem Wasser und lassen alles ziehen. Anschließend abseihen und tagsüber zu trinken geben.
Hopfentee. Übergießen Sie für einen Tee 2 Teelöffel Hopfen mit ½ l kochendem Wasser. Anschließend 5 Minuten ziehen lassen und abseihen. Den Tee evtl. mit Honig versüßen und 1 Stunde vor dem Schlafengehen warm trinken lassen.
Aromatherapie. Hier eignen sich Duftöle aus Orangenblüten, Lavendel, Jasmin und Melisse.
Weiterführende Informationen
- www.ag-adhs.de – Website der Arbeitsgemeinschaft ADHS der Kinder- und Jugendärzte (Forchheim), einem Zusammenschluss an ADHS interessierter Kinderärzt*innen.
- www.adhs-deutschland.de – Website des ADHS Deutschland e.V.: Mit vielfältigen (leider aber nicht immer gut sortierten) Infos.
Autismus-Spektrum-Störung
Autismus-Spektrum-Störung (ASS, Autismus): Tiefgreifende Entwicklungsstörung, die bereits im Kindesalter auftritt und sich äußert durch Probleme in der sozialen Interaktion, Probleme in der sprachlichen und nicht-sprachlichen Kommunikation sowie eingeschränkten Interessen und Aktivitäten mit stereotypen Verhaltensweisen.
Früher wurde in der Regel nur von Autismus gesprochen. Autismus-Spektrum-Störungen äußern sich jedoch sehr unterschiedlich, sodass im deutschen Sprachraum drei Typen unterschieden werden:
- Schwerer frühkindlicher Autismus (Kanner-Syndrom)
- Milderes Asperger-Syndrom (häufigste ASS)
- Atypischer Autismus, der weder zum einen, noch zum anderen Typ passt. Es fehlen etwa einige Leitsymptome der frühkindlichen Form oder das typische Bild zeigt sich erst nach dem dritten Lebensjahr.
Die Übergänge sind fließend, sodass eine eindeutige Zuordnung zu einem Typ oft nicht möglich ist. Neue internationale Krankheitsklassifikationen (DSM V und ICD 11) gehen deshalb von einem Kontinuum aus und sprechen nur noch von Autismus-Spektrum-Störung. Im klinischen Alltag, aber auch in der Frühförderung und Sonderpädagogik, werden weiter die oben genannten Typen unterschieden.
Die Behandlung umfasst ein multimodales Konzept aus Frühförderung, Familienberatung, Psychotherapie und je nach Beschwerden auch Medikamenten. Der Verlauf ist sehr variabel. Bei manchen Betroffenen gehen die Symptome im Erwachsenenalter zurück, bei anderen verstärken sie sich sogar. Häufig ist eine lebenslange Betreuung notwendig.
Symptome und Leitbeschwerden
Frühkindlicher Autismus:
- Beeinträchtigte Kontaktaufnahme und Kommunikation (bereits im Säuglingsalter)
- Reduzierter Blickkontakt, aussagearmer Gesichtsausdruck, fehlendes soziales Lächeln
- Passivität, bevorzugtes Alleinsein, wenig Nachahmen
- Stark verlangsamte Sprachentwicklung, 50 % der Kinder fangen gar nicht an zu sprechen
- Stereotypes Wiederholen bestimmter Abläufe oder Bewegungen
- Häufig Fixierung auf bestimmte Objekte, Aktivitäten und zeitliche Abläufe
- Häufig Intelligenzminderung bis hin zur geistigen Behinderung.
Asperger-Syndrom:
- Auffällig erst ab dem dritten Lebensjahr
- Flüchtiger Blickkontakt, aussagearmer Gesichtsausdruck
- Normale geistige und sprachliche Entwicklung
- Oft spezielle Stärken oder Inselbegabungen, z. B. im Gedächtnis oder der Wahrnehmung
- Oft zusätzliche Symptome von ADS/ADHS.
Wann in die Kinderarztpraxis
- Wenn Sie über längere Zeit das Gefühl haben, dass Ihr Kind nicht normal mit Ihnen als Mutter oder Vater interagiert und kommuniziert
- Wenn die Kindertagesstätte Sie darauf aufmerksam macht, dass Ihr Kind sich in seiner Kommunikation und seinem Spielverhalten auffällig verhält
- Wenn Sie das Gefühl haben, dass sich das Kind nicht altersgerecht entwickelt, also zum Beispiel nicht zu sprechen beginnt.
Die Erkrankung
Krankheitsentstehung
Autismus-Spektrum-Störungen lassen sich nicht, wie früher angenommen, auf eine gestörte Eltern-Kind-Beziehung zurückführen. Vielmehr liegen ihm Auffälligkeiten in der Struktur, Entwicklung, Funktion oder Organisation des Gehirns zugrunde. Dessen Ursachen sind letztlich unklar.
Ein (teilweiser) erblicher Hintergrund gilt als erwiesen. Geschwister von autistischen Kindern haben etwa ein 5%iges Risiko, selbst autistisch zu sein. Zudem könnten äußere Einflüsse wie etwa Schädigungen im Mutterleib oder unter der Geburt eine Rolle spielen.
Früher wurde häufig die Masern-Mumps-Röteln-Impfung für die Erkrankung verantwortlich gemacht. Diese Hypothese ist heute nachgewiesenermaßen widerlegt.
Komplikationen
Viele Kinder leiten an Begleiterkrankungen wie ADS/ADHS, Angststörungen, Tics und Zwangsstörungen sowie Epilepsie. Auch funktionelle Störungen treten häufig auf, etwa Ernährungsprobleme, nächtliches Einnässen, Schlafstörungen und Verstopfung.
Diagnosesicherung
Die Diagnose der Autismus-Spektrum-Störung wird dadurch erschwert, dass einzelne Symptome für sich allein noch normal sein können. Erst wenn mehrere der oben genannten Verhaltensweisen gleichzeitig bestehen, ergibt sich ein Verdacht. In diesem Fall sollte die Kinderärzt*in an eine Fachärzt*in überweisen. Dieser stehen zur Diagnose standardisierte Beobachtungsskalen zur Verfügung, etwa ADOS, CARS oder ADI-R. Mithilfe von Laboruntersuchungen, Kernspin und EEG kann die Ärzt*in organische Ursachen ausschließen. Auch sollten die Kinder auf Hör- und Sehstörungen getestet werden. Eine sichere Diagnose ist dennoch meist erst ab dem 18. Lebensmonat möglich.
Differenzialdiagnosen. In der Praxis stellt sich oft der Verdacht auf die Differenzialdiagnose ADHS oder ADS. In der Tat sind Aufmerksamkeitsstörungen für beide Erkrankungen typisch. Zur Differenzierung stellt die Ärzt*in folgende Überlegungen an:
- Gegen ADHS und ADS sprechen die Fixierung auf einige wenige Aktivitäten, das fokussierte detailorientierte Spielverhalten und "inselartige" Stärken und Begabungen.
- Gegen eine Autismus-Spektrum-Störung sprechen schwache Impulskontrolle (wie z. B. das schnelle Aufkommen von Wutanfällen bei Frustrationen) und Hyperaktivität. Auch "Desorganisation" im Alltag und Sprunghaftigkeit in Denken und Handeln sind nicht typisch.
Autismusähnliches Verhalten zeigen Kinder auch bei Verwahrlosung oder Misshandlung. In diesen Fällen verschwindet das autismusähnliche Verhalten jedoch, wenn das Kind in eine intakte und fördernde Umgebung wie z. B. eine geeignete Pflegefamilie kommt.
Auch andere neurologische oder körperliche Erkrankungen führen zu Verhaltensstörungen und Intelligenzminderung, die dem ASS ähneln. Dazu gehören beispielsweise Schizophrenie, das fetale Alkoholsyndrom, Stoffwechselerkrankungen wie die Phenylketonurie oder angeborene genetische oder chromosomale Defekte.
Behandlung
Eine Autismus-Spektrum-Störung lässt sich nicht heilen. Es ist aber durchaus möglich, die autismustypischen Defizite positiv zu beeinflussen. Die Behandlung orientiert sich immer am Einzelfall und kombiniert psychotherapeutische und pädagogische Verfahren mit Methoden der Verhaltenstherapie. Arzneimittel können zum Einsatz kommen, um begleitende und besonders belastende Krankheitszeichen zu unterdrücken, etwa Krampfanfälle.
- Stabile Umgebung. Damit sich ein Kind mit einer Autismus-Spektrum-Störung wohl fühlen und sich seinen Möglichkeiten entsprechend entwickeln kann, ist eine stabile Umgebung das A und O. Der Alltag zu Hause, Kindergarten und Schule, die Therapie – alles sollte möglichst vorhersehbar und überschaubar gestaltet werden.
- Frühförderung. Sie beginnt bereits in einem Alter von 2 bis 3 Jahren und endet mit der Einschulung. In intensiver Verhaltenstherapie werden dabei sprachliche Fähigkeit sowie die Interaktion mit Erwachsenen (später auch anderen Kindern) eingeübt. Auch Alltagsfähigkeiten lassen sich in diesem Rahmen üben, so kann auch Toilettentraining Teil der Therapie sein. Wie kleinschrittig die Therapeut*in dabei vorgeht, hängt von der Ausprägung der Erkrankung ab.
- Gruppentherapie. Die soziale Interaktion lässt sich auch mit einer autismusspezifischen Gruppentherapie weiter verbessern. Hier geht es zudem darum, dass Betroffene lernen, ihre Handlungen besser zu planen und souveräner mit Ärger und Frustration umzugehen. Eine solche Maßnahme dauert bis zu einem Jahr, kann aber auch wiederholt werden.
- Klassische Verhaltenstherapie. Diese eignet sich vor allem, wenn betroffene Kinder und Jugendliche zusätzlich unter einer Angst- oder Zwangsstörung leiden.
- Medikamente. Es gibt kein "Medikament gegen Autismus". Einige Arzneien lassen sich aber einsetzen, um Begleitsymptome zu mildern. Atypische Antipsychotika wie Risperidon werden verschrieben bei aggressivem Verhalten, Zwängen und Stereotypien. Methylphenidat oder andere Stimulanzien sollen hyperaktives oder impulsives Verhalten positiv beeinflussen. Das trizyklische Antidepressivum Mirtazapin ist eine Option bei Depressionen.
- Sonstige Maßnahmen. Je nach Bedarf gibt es viele Möglichkeiten, einzelne Fertigkeiten des Kindes zu trainieren. Logopädie ist eine gute Option, um das Sprechen weiter zu verbessern, Ergotherapie, um motorische Fähigkeiten auszubauen.
Prognose
Eine Autismus-Spektrum-Störung ist nicht heilbar. Wie sich die Erkrankung in ihrem Verlauf entwickelt, ist sehr unterschiedlich. Bei manchen Betroffenen gehen die Symptome im Erwachsenenalter zurück, bei anderen verstärken sie sich sogar. Häufig ist eine lebenslange Betreuung nicht zu verhindern – sei es, zu Hause, durch ambulante Kräfte oder in einem betreuten Wohnen. Auch bei milder Ausprägung der Erkrankung ist das Alltagsleben leider oft deutlich eingeschränkt.
Ihre Apotheke empfiehlt
Was Sie als Eltern tun können
Sich um sich selbst kümmern. So sehr Sie Ihr Kind auch lieben – die Betreuung kostet viel Kraft. Vergessen Sie also Ihre eigenen Bedürfnisse nicht und nehmen Sie Hilfsangebote wahr. Viele betroffene Eltern profitieren zum Beispiel von Selbsthilfegruppen, die gegenseitige Unterstützung und einen intensiven Informationsaustausch bieten. Holen Sie sich stundenweise Hilfe oder nehmen Sie eine Kurzzeitbetreuung in Anspruch, um auch Zeit für sich selbst zu haben.
Angebote ausprobieren. Jedes Kind ist anders – das gilt natürlich auch bei Kindern mit einer Autismus-Spektrumstörung. Auch wenn es für Angebote wie therapeutisches Reiten, Tanz- oder Musiktherapie keine wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt – probieren Sie es einfach aus, wenn Sie ein gutes Gefühl dabei haben. Optimistischen Heilsversprechen, die mit hohen finanziellen Ausgaben verbunden sind, sollten Sie besser kritisch gegenüberstehen.
Fördern mit Augenmaß. Ihr Kind wird von Fördermaßnahmen sicher profitieren – sofern Sie realistische Ziele setzen und es nicht überfordern. Auf der anderen Seite ist es nicht nötig, Ihr Kind übermäßig zu behüten. Das gilt vor allem, wenn Sie sich bereits einen Überblick über mögliche Gefahrenquellen in Ihrer Alltagsumgebung verschafft haben und diese gut umschiffen können.
Umfeld informieren. Ihr Kind hat spezielle Bedürfnisse – die Sie mit Ihrem Umfeld unbedingt besprechen sollten. Nur so haben Ihre Mitmenschen die Chance, das Verhalten Ihres Kindes richtig einzuordnen und entsprechend zu reagieren.
Weiterführende Informationen
Der Bundesverband zur Förderung von Menschen mit Autismus bietet auf seiner Webseite Informationen und Hilfe für Betroffene und deren Angehörige, die von Reise- und Ausbildungsangeboten bis hin zu Informationen über rechtliche Fragen reicht: www.autismus.de
www.autismus-kultur.de ist die Webseite eines persönlich Betroffenen, die für andere Betroffene und deren Angehörige aktuelle Nachrichten und autistische Erfahrungen zu einem Autismus-Ratgeber bündelt.
Dreitagefieber
Dreitagefieber (Exanthema subitum): Ansteckende Infektionserkrankung mit typischem dreitägigen, oft hohem Fieber und anschließend auftretendem Hautausschlag.
Es erkranken fast nur Babys und Kleinkinder zwischen 6 Monaten und 3 Jahren. Der Verlauf ist fast immer gutartig.
Symptome und Leitbeschwerden
- Vorab hohes Fieber über ungefähr 3 Tage, Husten und/oder Durchfall
- Danach plötzlich sinkendes Fieber
- Kleinfleckiger, roter Hautausschlag
- Entzündeter Rachen oder geschwollene Lymphknoten am Hals
- Für die Diagnose spricht also nur die Kombination aus initialem Fieber plus nachfolgenden Hautauschlag.
Inkubationszeit. 1–2 Wochen.
Zeitraum der Ansteckung. Bereits etwa 3 Tage vor den ersten Krankheitszeichen bis zum Auftreten des Ausschlages.
Wann zum Kinderarzt
Heute noch, wenn
- das Baby länger als 1 Tag hohes Fieber hat.
- weitere Beschwerden hinzutreten.
Die Erkrankung
Krankheitsentstehung und Übertragung
Das Dreitagefieber wird durch Viren der Herpesgruppe (humanes Herpes-Virus Typ 6, selten auch humanes Herpes-Virus Typ 7) hervorgerufen.
Die Erreger werden von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion übertragen, z. B. über die Atemluft, beim Niesen oder Husten, beim Händeschütteln, Küssen oder bei der Benutzung desselben Essbestecks oder Geschirrs.
Verlauf
Typisch – und für Eltern und auch Ärzte verwirrend – ist, dass es zunächst keinerlei Hinweise gibt, woher das Fieber kommt: Das Kind bekommt innerhalb weniger Stunden hohes Fieber. Es macht dabei keinen besonders kranken Eindruck.
Nach etwa 3 Tagen verschwindet das Fieber. Oft tritt erst dann der für Herpes-Viren typische Hautausschlag auf. Er bildet sich hauptsächlich auf Brust, Bauch und Rücken bis hin zu Armen und Beinen, selten auf Gesicht und Kopfhaut; zu sehen ist er zwischen 4 Stunden und 4 Tagen, dabei schmerzt der Ausschlag nicht, ebenso wenig juckt er. Schließlich heilt er ohne Folgen ab.
Auch wenn die Beschwerden abgeklungen sind, fühlen sich die Kinder oft noch mehrere Tage lang angeschlagen und sind quengelig.
Komplikationen
Eine typische Komplikation sind Fieberkrämpfe. Da das Fieber rasch ansteigt, bekommen entsprechend veranlagte Kinder ihren ersten (harmlosen) Fieberkrampf oft im Rahmen des Dreitagefiebers. Eltern sind häufig verunsichert, da er einem epileptischen Anfall ähnelt. Auch wenn der Anfall nur kurz andauert und sich Ihr Kind wieder beruhigt, sollten Sie anschließend den Kinderarzt benachrichtigen.
Fatigue-Syndrom. Betroffene Kinder sind für längere Zeit nach dem Infekt abgeschlagen und nur eingeschränkt leistungsfähig.
Lungenentzündung (Pneumonie). Bei einem schweren Verlauf besteht in sehr seltenen Fällen die Gefahr einer Lungenentzündung.
Entzündungen des Gehirns oder der Leber. Noch seltener kommt eine Gehirnentzündung (Enzephalitis) oder der Leber (Hepatitis) vor.
Diagnosesicherung
Die Ursachen des Fiebers sind zunächst unklar, da Fieber auch viele andere Infektionskrankheiten im Kindesalter begleitet. Der Hautausschlag, der meist nach Abklingen des Fiebers auftritt, ermöglicht dem Arzt oft erst im Nachhinein die Diagnose.
Die Rolle des Arztes beim Dreitagefieber besteht darin, eine ernste Erkrankung auszuschließen. Leiden Kinder in den ersten Lebensjahren oder spätestens am 4. Fiebertag immer noch unter unklarem Fieber, sollte ein Urintest gemacht werden, um einen behandlungsbedürftigen Harnwegsinfekt auszuschließen. Manchmal ist dazu auch eine Blutuntersuchung nötig, um beispielsweise eine Blutvergiftung zu erkennen.
Prognose
Die Prognose ist sehr gut, denn das Dreitagefieber heilt nach etwa 5 Tagen folgenlos aus und hinterlässt eine lebenslange Immunität.
Ihr Apotheker empfiehlt
Was Sie als Eltern tun können
Abwarten. Am besten lassen Sie der Erkrankung ihren freien Lauf.
Schonung. In der Regel schonen sich die Kinder von selbst und müssen keine Bettruhe halten, wenn sie nicht wollen.
Frischluft. Sorgen Sie für ausreichend frische Luft, damit Ihr Kind während der Fieberkrämpfe ohne Probleme atmen kann.
Flüssigkeitszufuhr. Grundsätzlich sollen fiebernde und schwitzende Kinder reichlich trinken, da sie viel Flüssigkeit verlieren. Stillen Sie Ihr erkranktes Baby noch, sollten Sie dies nicht nur nach Plan machen, sondern ihm je nach Bedürfnis öfter die Brust geben.
Zimmertemperatur. Fiebernde Kinder fühlen sich bei 18–19 °C Zimmertemperatur wohler als in warmen Räumen.
Geeignete Medikamente
Eine spezifische Therapie ist nicht erforderlich, da die Erkrankung von selbst ausheilt. Eine mögliche Behandlung beschränkt sich im Wesentlichen auf die Linderung der Beschwerden. So lässt sich das Fieber mit einfachen Maßnahmen wie Wadenwickeln und fiebersenkenden Medikamenten wie Paracetamol und Ibuprofen senken. Die Dosierung richtet sich streng nach dem Gewicht des Kindes. Fragen Sie dazu Ihren Arzt oder Apotheker!
Prävention
Eine Vorsorge ist nicht möglich. Es gibt auch keinen Impfstoff.
Isolierung. Wegen der hohen Ansteckungsgefahr bleiben erkrankte Kinder am besten zu Hause und besuchen in der Zeit auch keine Gemeinschaftseinrichtung wie Kindergarten, Kita oder Schule.
Einnässen
Einnässen (Enuresis, Harninkontinenz): Unwillkürlicher Urinverlust bei einem Kind auch nach seinem 5. Geburtstag, entweder nur während der Nacht (Enuresis nocturna) oder auch bei Tag (Enuresis diurna).
Die häufigste Form des Einnässens ist das Einnässen ausschließlich in der Nacht (Enuresis nocturna). Das Kind – in zwei Drittel der Fälle handelt es sich um einen Jungen – "wird einfach nicht trocken", ist aber ansonsten völlig unauffällig. Die Enuresis ist häufig: 10 % aller 7-Jährigen sind nachts noch nicht trocken.
Abzugrenzen ist das Einkoten (Enkopresis), dem meist schwere psychische Störungen des Kindes zugrunde liegen, und das andere Ursachen hat als das Einnässen.
Symptome und Leitbeschwerden
- Häufigeres unwillkürliches Einnässen nach dem 5. Geburtstag
- Kein Nachweis organischer Erkrankungen.
Wann zum Kinderarzt
Bei Gelegenheit, wenn
- sich Ihr Kind nach dem 5. Geburtstag mind. 2 Nächte im Monat einnässt.
In den nächsten 2 bis 4 Wochen, wenn
- Ihr Kind erneut regelmäßig einnässt, obwohl es vorher schon trocken war.
Heute noch, wenn
- Ihr Kind große Mengen Urin lässt, auffällig viel trinkt und sich sein Allgemeinbefinden in letzter Zeit verschlechtert hat; dies weist z. B. auf Diabetes hin.
- Ihr Kind wieder einnässt und es gleichzeitig Fieber oder neuartige Beschwerden beim Wasserlassen hat; dies weist auf einen Harnwegsinfekt hin.
Hinweis: Die meisten Kinderärzte raten dazu, regelmäßiges Einnässen nach dem 5. Geburtstag durch eine gründliche körperliche Untersuchung (evtl. auch Urin- und Ultraschalluntersuchungen) zu klären.
Die Erkrankung
Einnässen gehört zur normalen kindlichen Entwicklung: Bis die Kontrolle über die Blase zuverlässig klappt, geht mancher Schwall daneben. Gerade im Kindergartenalter wird das "Geschäft" wegen eines spannenden Spiels oft so lange aufgeschoben, bis es zu spät ist. Oder das Kind will auch wieder so klein und umsorgt sein wie das frisch geborene Geschwisterkind. Entsprechend schwierig ist es, eine genaue Grenze festzulegen, ab wann Einnässen nicht mehr normal ist.
Die meisten Mediziner sprechen erst von Einnässen, wenn ein Kind nach dem 5. Geburtstag noch nicht trocken ist. Andere Ärzte setzen die Grenze für das Trockenwerden über Tag auf den 4. und für die Nacht auf den 6. Geburtstag fest.
Gelegentliche "Unfälle" z. B. auf Reisen oder in Krisensituationen kommen auch bei älteren Kindern immer wieder mal vor und sind kein Grund zur Besorgnis.
Ursachen
Was genau dem Einnässen zugrunde liegt, ist unbekannt, genetische Einflüsse sind jedoch sicher von Bedeutung (oft hatte z. B. der Vater als Kind auch Probleme mit dem nächtlichen Trockenwerden). Nur bei wenigen Kindern sind andere Faktoren von Bedeutung:
Schlaf. Die häufigste Ursache für das nächtliche Bettnässen scheint zu sein, dass das Kind zu tief schläft und nicht aufwacht, wenn die Blase voll ist.
Funktionelle Blasenfunktionsstörung. Bei manchen Kindern, vor allem solchen, die vorzugsweise am Tag einnässen, ist die Blasenkontrolle unzureichend. Die betroffenen Kinder (oft Mädchen) haben aufgrund eines unzureichenden Zusammenspiels der an der Blasenentleerung beteiligten Muskeln einen häufigen, schnell einsetzenden Harndrang.
Fassungsvermögen der Blase. Bei einigen Kindern liegt es daran, dass die Blase nicht mehr so viel Flüssigkeit fasst oder die Nieren die Urinproduktion nachts nicht drosseln.
Nerven. Nässt ein größeres Kind ungewollt ein, sind die für die Blasenkontrolle notwendigen Nervenfunktionen noch nicht ausgereift.
Getränke. Kakao oder auch koffeinhaltige Getränke wie Cola, Kaffee, grüner oder schwarzer Tee wirken harntreibend und tragen zum Bettnässen bei, v. a. wenn sie abends getrunken werden.
Bestehende Erkrankungen. Auch organische Störungen führen zu einem unwillkürlichen Urinabgang, wie etwa Fehlbildungen der Harnleiter oder des Rückenmarks, Harnwegsinfektionen oder Diabetes. Ist der Harntrakt fehlgebildet, nässt das Kind meist auch tagsüber ein.
Psychische Auslöser. Das Einnässen eines vormals "trockenen Kindes" ist oft die Folge psychischer Belastungen – von der Geburt eines Geschwisterkindes über Partnerprobleme der Eltern bis zur schulischen Überforderung.
Schlafapnoe. Selten setzt bei Kindern die Atmung während des Schlafes für einen Moment aus. Dadurch wird das Gehirn für kurze Zeit nicht mit Sauerstoff versorgt. Dadurch wird auch die Blasenkontrolle kurzzeitig blockiert.
Komplikationen
Viele Kinder leiden unter Isolation, Resignation und unter einem geringen Selbstwertgefühl. Aber auch soziale Probleme und Konflikte innerhalb der Familie sind nicht selten.
Diagnosesicherung
Bereits aufgrund der Schilderungen der Eltern wird der Arzt die Diagnose stellen.
48-Stunden-Protokoll. Oft ist auch ein Tagebuch hilfreich, in dem die Eltern über 48 Stunden das Trink- und Toilettenverhalten festhalten, das heißt, wie oft und zu welchen Uhrzeiten das Kind einnässt, wie häufig es zur Toilette geht und wie groß die Urinmenge ist, aber auch, ob Schwierigkeiten bestehen, mit dem Urinieren zu beginnen oder aufzuhören.
Körperliche Untersuchungen. Ein besonderes Augenmerk legt der Arzt auf die Untersuchung von Bauch, äußeren Geschlechtsorganen und des unteren Rückens. So stellt er sicher, dass die Blase und der Darm richtig funktionieren und der Harntrakt des Kindes normal entwickelt ist.
Urinanalyse. Falls das Kind auch über Schmerzen beim Wasserlassen klagt, wird der Urin auf mögliche Harninfekte untersucht.
Uroflowmetrie. Bei dieser Harnflussmessung muss das Kind die Blase in einen Trichter des Untersuchungsgeräts entleeren. Mithilfe von Sensoren wird erfasst, wie viel Urin pro Zeiteinheit ausgeschieden wird.
Ultraschall. Mit diesem Verfahren schließt der Arzt Fehlbildungen von Blase und Niere aus und überprüft die Restharnbildung. Bei dieser Blasenentleerungsstörung wird die Blase nicht komplett geleert; es bleibt Restharn in der Harnblase.
Ärztliche Behandlung
Meist versuchen Eltern und Kinder einfache Möglichkeiten, um dem Bettnässen vorzubeugen. Beim Blasentraining übt das Kind, tagsüber möglichst spät zur Toilette zu gehen, das Wasserlassen also hinauszuzögern. Dadurch lernt es, wie sich eine volle Blase anfühlt, und gleichzeitig wird das Blasenvolumen vergrößert.
Hinweis: Bei Kindern unter 7 Jahren sollte auf eine medikamentöse Behandlung verzichtet werden, und auch bei älteren Kindern stehen nicht-medikamentöse Verfahren wie die Verwendung einer Klingelhose (siehe unten) an erster Stelle.
Apparative Verhaltenstherapie (AVT). Gerade nachts ist es wichtig, die volle Blase wahrzunehmen und rechtzeitig die Toilette aufzusuchen. Dafür stehen diverse elektronische Wecksysteme (tragbares Gerät oder Bettgerät, mit Klingelton und/oder Vibration) zur Verfügung und sind Mittel der ersten Wahl. Diese Wecksysteme registrieren die Nässe – sei es in der Hose (Klingelhose) oder auf der Matratze (Klingelmatte) oder als Mini-Wecksysteme, die an der Unterhose oder am Schlafanzug angebracht werden – und lösen einen Alarm aus, sobald sich die Blase des Kindes zu leeren beginnt. Der Alarm wird entweder als Vibration oder als Lichtsignal oder auch über Funk ausgelöst. Das Kind soll möglichst das Wasserlassen noch anhalten und zur Toilette gehen oder nach den Eltern rufen. Ziel dieser apparativen Verhaltenstherapie ist es, bereits vor dem Alarm aufzuwachen, das heißt, das Kind soll die volle Blase selbst wahrnehmen und rechtzeitig zur Toilette gehen.
Auch wenn die ersten Wochen wegen der häufigen nächtlichen Klingelalarme sowohl für die Kinder als auch für die Eltern recht anstrengend sind, ist diese Therapie eine einfache und vor allem eine meist erfolgreiche Methode zur Behandlung der Beschwerden. Allerdings setzt sie die Motivation der Kinder voraus. In Deutschland übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen für bestimmte Weckgeräte die Kosten; Voraussetzung ist, dass diese als Hilfsmittel anerkannt und ärztlich verschrieben sind.
Pharmakotherapie
Überbrückend, z. B. auf einer Klassenfahrt, hilft die abendliche Einnahme des Wirkstoffs Desmopressin. Es handelt sich dabei um einen Abkömmling des natürlichen Hormons ADH, das die Urinbildung hemmt. Das Medikament wirkt relativ schnell und ist meist bereits nach der ersten Einnahme erfolgreich. Leider gibt es auch Nebenwirkungen: Kopfschmerzen und Übelkeit haben ihren Grund oft darin, dass die Kinder zu viel Wasser im Körper behalten. Deshalb sollen Kinder und Jugendliche während der Therapie abends nicht mehr als 1 Glas Flüssigkeit trinken.
Vorübergehend lässt sich Bettnässen auch durch ein trizyklisches Antidepressivum stoppen (einige Wirkstoffe sind auch für die Therapie des Bettnässens zugelassen).
Bei beiden Medikamenten müssen die Anwendungsvorschriften genau eingehalten werden. Meist wirken sie nur so lange, wie sie eingenommen werden, sodass Rückfälle nach Absetzen des Medikaments leider häufig sind.
Leidet das Kind unter der Enuresis nocturna bringen Parasympatholytika wie Oxybutynin, Trospiumchlorid oder Darifenacin eine Besserung.
Prognose
Die allermeisten Kinder entwachsen dem Bettnässen bis zum Schulalter. Dennoch bleibt bei einzelnen Kindern das Problem bis zur Pubertät aktuell und ist eine Belastung.
Das wichtigste Ziel der "Behandlung" sollte sein, aus dem Problem Einnässen nicht noch größere Probleme zu machen wie vermindertes Selbstwertgefühl, Familienärger oder seelischer Rückzug. Pro weiteres Jahr werden 10–15 % der betroffenen Kinder auch ohne Maßnahmen beschwerdefrei.
Ihr Apotheker empfiehlt
Was Sie als Eltern tun können
- Führen Sie ein Miktionsprotokoll über das Wasserlassen (= Miktion) und die "Unfälle".
- Schimpfen, Bloßstellen oder Bestrafen helfen nicht. Die meisten Kinder leiden unter dem Einnässen ebenso wie ihre Eltern. Auch das viel geübte ein- oder zweimalige Wecken in der Nacht hat sich als eine überwiegend unwirksame Tortur erwiesen. Unterstützen Sie das Selbstwertgefühl des Kindes, indem Sie offen über das Einnässen reden und ihm dabei vermitteln, dass es nichts "falsch" macht.
- Große Trinkmengen nach dem Abendessen sollten vermieden werden. Ein radikales Trinkverbot ab 16 oder 17 Uhr bringt jedoch weder nennenswerte Erfolge noch ist es eine dauerhafte Lösung.
- Bei Kindern bis 6 Jahren, die nur nachts einnässen, ist es oft das Beste, eine waschbare wasserdichte Unterlage ins Bett zu legen, bügelfreie Bettwäsche zu benutzen und ansonsten einfach abzuwarten.
- Bei einem Teil der Kinder hilft ein Sonne-und-Wolken-Kalender, bei dem "trockene" Nächte mit einer Sonne und "nasse" mit einer Wolke gekennzeichnet werden. Kleine Belohnungen, z. B. ein Gummibärchen oder ein Sticker, können die Motivation des Kindes unterstützen.
- Löst sich das Problem bis zum 6. Geburtstag nicht von selbst und ist ein 5-Jähriger sehr motiviert, ist als nächster Schritt die Verwendung einer Klingelhose oder einer Klingelmatte möglich (Näheres siehe unten).
Komplementärmedizin
Angeboten werden Akupunktur, Chiropraktik, Hypnose sowie pflanzliche und homöopathische Arzneimittel, die je nach Begleitsymptomen gewählt werden. Die Wirkungen sind nicht nachgewiesen.
Ebenfalls ist derzeit noch nicht geklärt, ob Kinder von unterschiedlichen Formen der Psychotherapie profitieren.
Fieberkrämpfe
Fieberkrampf: Krampfanfall während einer Fieberphase, der vor allem Kinder ab dem 6. Monat bis zum 6. Lebensjahr betrifft.
Etwa 4 % aller Kinder erleiden mindestens einmal einen Fieberkrampf, der oft einige Minuten dauert. Danach erholt sich das Kind rasch und ohne Folgen.
Ob es zu einem Fieberkrampf kommt, hängt weniger von der Höhe des Fiebers als von der Geschwindigkeit des Fieberanstiegs ab. Dies erklärt, warum Kinder einen Fieberkrampf haben, noch bevor die Eltern merken, dass ihr Kind krank ist. Besonders häufig sind diese Krämpfe beim Dreitagefieber.
Symptome und Leitbeschwerden
- Anfall ereignet sich oft während des ersten Fieberanstiegs bei einem Infekt
- Meist in Form eines sogenannten Grand-mal-Anfalls mit Steifwerden, Muskelkrämpfen am ganzen Körper und Bewusstseinsverlust. Prinzipiell sind jedoch alle Anfallsformen möglich
- Nach wenigen Minuten hört der Krampf von selbst auf. Das Kind ist danach zunächst schläfrig oder "jammerig", nach 15–30 Minuten reagiert es aber normalerweise wieder wie gewohnt oder ist eingeschlafen.
Wann zum Kinderarzt
Sofort, wenn
- Ihr Kind erstmalig einen Fieberkrampf hat.
- es etwas "anders ist" als bei vorangegangenen Fieberkrämpfen, insbesondere dann, wenn es starke Kopfschmerzen hat, den Kopf nicht nach vorne beugen kann oder lichtscheu ist; dies sind Hinweise auf eine Hirnhautentzündung.
- Ihr Kind auffallend inaktiv und bewegungslos ist.
- es nicht ansprechbar ist, blass wird, die Augen verdreht, den Körper versteift und krampfartig zuckt.
- die Muskulatur völlig erschlafft, die Atmung langsamer wird und der Körper blau anläuft.
- Ihr Kind Lähmungserscheinungen zeigt und z. B. unfähig ist, eine Körper- oder Gesichtshälfte richtig zu bewegen.
- der Fieberkrampf länger als 15 Minuten dauert oder sich innerhalb derselben fieberhaften Erkrankung wiederholt.
Hinweis: In aller Regel ist in diesen Fällen das nächstgelegene Kinderkrankenhaus die richtige Adresse. Am sichersten ist der Transport durch den Notarzt.
Die Erkrankung
Krankheitsentstehung
Es wird angenommen, dass bei Fieber die "Isolierung" der Nervenzellen weniger gut funktioniert und es so leichter zur Erregung ganzer Hirnregionen kommt, die sich dann plötzlich als Krampfanfall entlädt. Der typische Fieberkrampfanfall ist in aller Regel harmlos und hinterlässt keine Schäden.
Ursachen
Studien haben eine genetische Komponente aufgedeckt: Mutationen im Gen STX1B und die damit verbundene Fehlfunktion des Proteins Syntaxin-1B sollen dafür verantwortlich sein, dass es zu Fieberkrämpfen kommt. Diese Genmutationen führen bereits bei einem moderaten Anstieg der Temperatur zu einer Störung der Botenstoffe an den Synapsen, also der Verbindungsstelle zwischen zwei Nervenzellen. Die Folgen sind elektrische Fehlleistungen und schließlich ein epileptischer Fieberkrampf.
Risikofaktoren
Ein erhöhtes Risiko haben diejenigen Kinder mit Verwandten und besonders mit Geschwisterkindern, die bereits einen Fieberkrampf hatten.
Frühgeborene. Kinder, die zu früh geboren wurden oder die als Neugeborene längere Zeit krank waren, haben häufiger Fieberkrämpfe.
Infektion. Eine Virusinfektion erhöht das Risiko für Krämpfe erwiesenermaßen.
Impfung. Bei Kindern, die vor nicht allzu langer Zeit geimpft wurden, besteht eine Gefahr für Fieberkrämpfe.
Hirnhautentzündung (Meningitis). In seltenen Fällen stellt eine Meningitis ein Risiko für einen Fieberkrampf dar.
Verlauf
Zunächst steigt das Fieber auf mind. 38 °C (bei Babys) bzw. auf mind. 39 °C (bei Kindern zwischen 3 und 6 Monaten).
Teilnahmslosigkeit. Das Kind lächelt nicht mehr, reagiert kaum oder gar nicht auf Ansprache, verdreht die Augen.
Inaktivität. Das Kind lässt sich nicht aufwecken, bleibt nicht wach oder wacht nur nach längeren Aufweckversuchen auf. Häufig verliert es das Bewusstsein.
Krampf. Der ganze Körper wird steif und zuckt dann krampfartig. Manchmal fehlt diese Phase auch, stattdessen erschlafft die Muskulatur komplett und das Kind hat Blase und Darm nicht mehr unter Kontrolle.
Erinnerungslücken. Anschließend wirkt das Kind apathisch, hat keine Erinnerung an die letzten Minuten und schläft oft mehrere Stunden tief und fest.
Auch wenn es manchmal so aussieht: Ihr Kind leidet während eines Fieberkrampfes nicht an Schmerzen, vor allem deshalb nicht, weil es während des Anfalls meist bewusstlos ist. In den nächsten Tagen wird es jedoch über Muskelkater klagen.
Komplikationen
Der unkomplizierte Fieberkrampf betrifft Kinder ab dem 6. Monat bis zum 6. Lebensjahr, tritt während einer fieberhaften Erkrankung nur einmal auf, dauert 2–10 Minuten und verläuft als Grand-mal-Anfall des ganzen Körpers. Das Kind hat danach weder geistige noch körperliche Schäden. Das Risiko für einen weiteren Anfall liegt bei 30 %.
Komplizierter (auch komplexer) Fieberkrampf. Etwa ein Viertel der Fieberkrämpfe verläuft außergewöhnlich; sie werden als komplizierte Fieberkrämpfe bezeichnet und haben folgende Merkmale:
- Betreffen Kinder unter 6 Monaten oder nach dem 5. Geburtstag
- Dauern länger als 15 Minuten
- Wiederholen sich innerhalb von 24 Stunden ein- oder mehrmals
- Verlaufen einseitig oder betreffen nur einen bestimmten Körperteil.
Normalerweise entwickeln sich nach einem komplizierten Fieberanfall keine geistigen oder körperlichen Schäden. Bei etwa 4 % der betroffenen Kinder stellt der Anfall ein erstes Anzeichen einer Epilepsie dar.
Epilepsie. Komplizierten Fieberkrämpfen liegt häufiger (aber keineswegs immer) eine organische Ursache zugrunde, das Risiko einer späteren Epilepsie ist leicht erhöht. Fast alle betroffenen Kinder entwickeln sich ganz normal. Das statistische Risiko, später eine Epilepsie zu bekommen, steigt nach einem Fieberkrampf jedoch leicht an, und zwar von 0,5 % für gesunde Kinder ohne Krämpfe auf 1 %. Es gibt jedoch keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Fieberkrampf die Ursache hierfür ist. Höher (und doch nur bei etwa 2 %) ist das Epilepsierisiko bei Kindern mit zusätzlichen Risikofaktoren, etwa Vorschäden des Gehirns, nahen Verwandten mit Epilepsie oder EEG-Veränderungen.
Diagnosesicherung
Das wichtigste Ziel des Arztes ist es, auszuschließen, dass dem Krampfanfall etwas anderes zugrunde liegt als Fieber. Vor allem Gehirnentzündung und Hirnhautentzündungen zeigen sich ebenfalls durch Fieber und Krampfanfälle. Das Risiko dafür liegt aber unter 1 %.
Untersuchung. Natürlich untersucht der Arzt das Kind auch gründlich – nicht zuletzt, um die Ursache des Fiebers zu finden. Zusätzlich muss manchmal auch der Urin untersucht oder die Lunge geröntgt werden. Ebenso gibt ein Blutbild Aufschluss über die Ursache.
Lumbalpunktion. In Zweifelsfällen, v. a. wenn das Kind unter 18 Monate alt ist, wenn es sich um einen komplizierten Fieberkrampf handelt oder wenn das Kind bereits mit Antibiotika vorbehandelt ist, wird der Arzt eine Lumbalpunktion (Entnahme von Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit) empfehlen, um eine Hirnhautentzündung sicher auszuschließen.
CT oder MRT. Diese bildgebenden Verfahren sind nur in Ausnahmefällen nötig, beispielsweise wenn das Kind nach dem Anfall längere Zeit nicht zu sich kommt. Durch diese Verfahren werden Strukturen des Gehirns sichtbar, die auch auf Abszesse, Fehlbildungen oder Tumoren als Ursache hinweisen.
EEG. Nach ungefähr 2 Wochen wird meist auch ein EEG abgeleitet, das nach Fieberkrämpfen typischerweise normal ist. Die dabei gemessenen Hirnströme geben möglichweise Hinweise auf die Ursache. Nur bei besonders auffälligen (etwa einseitigen) Anfällen wird das EEG schon im Krankenhaus gemacht.
Behandlung
Beim ersten Fieberkrampf: Eine medikamentöse Unterdrückung des Anfalls ist meist nicht erforderlich, in aller Regel ist er bei Eintreffen des Arztes schon vorbei.
Bei erneuten Fieberkrämpfen. Empfehlenswert ist es, ein krampfhemmendes Medikament mit dem Wirkstoff Diazepam (rezeptpflichtig) im Haus zu haben. Diazepam wird rektal verabreicht, als Mikroklistier (eine kleine Tube) oder als Zäpfchen. Damit lässt sich ein erneuter Fieberkrampf selbst behandeln. Die Wirkung tritt bereits nach wenigen Minuten ein.
Zur Prophylaxe weiterer Krampfanfälle verschreibt der Arzt manchmal als Dauertherapie Valproat oder Phenobarbital. Das wird er jedoch nur in Betracht ziehen, wenn die Gefahr von Hirnschädigungen durch sich häufende Anfälle besteht und keine weniger invasive Behandlungsmethode anschlägt.
Die Behandlung eines Kindes nach einem Fieberkrampf mit antiepileptischen Medikamenten verhindert eine Epilepsie nicht.
Ihr Apotheker empfiehlt
Was Sie als Eltern tun können
Erste Hilfe. Die Erste-Hilfe-Maßnahmen bei einem Fieberkrampf bestehen aus der Entfernung des Kindes von Treppen oder ähnlich gefährlichen Orten, dem Rufen des Notarztes beim ersten Fieberkrampf und der stabilen Seitenlage nach dem Anfall. Achten Sie dabei auch darauf, dass sich Ihr Kind während des Krampfes nicht verletzt und polstern Sie harte Gegenstände in der Nähe mit Kissen oder Decken.
Beruhigung. Bleiben Sie bei Ihrem Kind und beruhigen Sie es. Sie dürfen Ihr Kind auf keinen Fall während des Anfalls schütteln, um es wieder zu Bewusstsein zu bringen. Das ist sinnlos und birgt die Gefahr innerer Verletzungen.
Kein Essen und Trinken. Versuchen Sie nicht, Ihrem Kind kurz nach dem Anfall schon etwas zu essen oder zu trinken zu geben, da hier Erstickungsgefahr besteht.
Temperaturmessung. Messen Sie nach einem Fieberkrampf die Körpertemperatur; wenn sie immer noch über 38,5 °C liegt, versuchen Sie, das Fieber mit Paracetamol-Zäpfchen zu senken oder machen Sie beidseits Wadenwickel.
Prävention
Nach dem ersten Fieberkrampf liegt das Risiko eines weiteren bei gut 30 % (wenn er auftritt, dann meist innerhalb eines Jahres).
Leider lassen sich weitere Fieberkrämpfe nur bedingt vorbeugen. Das Fieber bei auftretenden Infekten zu senken (entweder durch Wadenwickel oder fiebersenkende Medikamente), macht zwar Sinn; dass dies Fieberkrämpfe verhindert, ist aber nicht erwiesen. Die vorbeugende Gabe von einen Krampf unterdrückenden Medikamenten während eines Infekts für ein paar Tage ist nur sinnvoll, wenn ein Kind bereits mehrmals Fieberkrämpfe hatte.
Gedeihstörungen
Gedeihstörung: Gestörte gesamtkörperliche Entwicklung des Kindes.
Eine Gedeihstörung entsteht, wenn das Kind entweder nicht genug isst, das Essen unzureichend verwertet oder es mehr Energie braucht, als es aus der Nahrung erhält. In der Regel liegt eine andere Erkrankung zugrunde. Die betroffenen Kinder sind für ihr Alter und für ihre Größe zu leicht. Ihr Gewicht liegt entweder unter der 3. Perzentile der Gewichtskurve (d. h. sie sind leichter als 97 % ihrer Altersgruppe) oder sie rutschen auf der Gewichtskurve immer weiter von ihrem bisherigen Verlauf ab (etwa von der 75. Perzentile unter die 25. Perzentile). Besteht die Gedeihstörung länger, so ist auch das Längenwachstum betroffen (ein solcher Kleinwuchs hat auch zahlreiche andere Ursachen).
Symptome und Leitbeschwerden
- Für das Alter und die Größe zu geringes Gewicht
- Gewichtsverlust oder fehlender Zuwachs gegenüber Voruntersuchung (um mehr als 2 Hauptperzentilen
- Verzögerte kognitive Entwicklung
- Motorische Störungen.
Wann zum Kinderarzt
In den nächsten Tagen, wenn
- Ihr Kind für sein Alter und seine Größe zu leicht ist.
- Ihr Kind über uncharakteristische Bauchschmerzen klagt.
- Ihr Kind unklare Fieberepisoden hat, da diese oft Anzeichen für Harnwegsinfekte sind.
- Ihr Kind permanent abgeschlagen und müde ist, unter starkem Durst leidet und häufig Wasser lassen muss. Hier besteht die Gefahr von Diabetes mellitus.
Hinweis: Jede echte Gedeihstörung ist ein Notfall. Denn wenn Kinder nicht gedeihen, so fehlt ihnen auch die Energie für eine gesunde Entwicklung.
Die Erkrankung
Vor allem die Großeltern vermuten bei dünnen Enkelkindern oft Gedeihstörungen. Doch wenn diese Kinder leistungsfähig sind, sind es ganz normale Kinder, bei denen man eben "die Rippen zählen kann". Solange das Längenwachstum normal verläuft, ist das ein Zeichen dafür, dass es dem Körper nicht an Energie mangelt. Oft wird in diesem Zusammenhang auch vergessen, dass Kinder nach Abbau des Babyspecks natürlicherweise sehr wenig Fett am Körper haben. Der Body Mass Index (BMI) erreicht zwischen einem Alter von 5 und 6 Jahren ein natürliches Tief – Kinder, bei denen in diesem Alter die Rippen nicht zu zählen sind, haben ein erhöhtes Risiko, später Übergewicht mit sich herumzuschleppen.
Ursachen und Risikofaktoren
Viele Krankheiten verursachen letzten Endes eine Gedeihstörung:
- Die gestörte Aufnahme durch den Darm (Malabsorption) im Kindesalter ist eine häufige Ursache der Mangelernährung und somit der Gedeihstörung; typisch hierfür sind chronischer Durchfall (Diarrhö) mit mehr als 4 x Stuhl pro Tag über mehr als 4 Wochen) und/oder Fettstuhl. Weitere Krankheiten, bei denen die Nahrungsaufnahme oder Verdauung gestört ist, sind z. B. die Magenpförtnerenge, die Refluxkrankheit, die Kuhmilchallergie, die Zöliakie oder chronische Darmentzündungen.
- Mechanische Essstörungen wie angeborener anatomischer Defekt oder schwerer gastro-ösophagealer Reflux
- Stoffwechselkrankheiten, z. B. Diabetes oder seltene angeborene Stoffwechselstörungen
- Chronische Entzündungen wie rheumatische oder Autoimmunerkrankungen
- Schwere Organstörungen, z. B. ein Herzfehler, Nieren- und Lebererkrankungen
- Erhöhter Energiebedarf beispielsweise durch eine gesteigerte Bewegungsunruhe bei neurologischen oder psychiatrischen Erkrankungen.
Gar nicht so selten findet der Arzt jedoch bei einer Gedeihstörung keine organische Ursache und geht dann von einer psychosozialen Ursache aus:
- Zu viel Stress zu Hause, zu wenig Unterstützung durch die Eltern oder auch Krisen in der Elternbeziehung
- Vernachlässigung, Armut und (bei uns sehr selten) Mangel an Nahrung.
Komplikationen
Bei Kindern mit Gedeihstörungen besteht ein erhöhtes Risiko für Kleinwuchs, Verhaltensprobleme und Entwicklungsverzögerungen.
Diagnosesicherung
Da die Gedeihstörung keine eigenständige Erkrankung ist, sondern von anderen Erkrankungen verursacht wird, ist die Suche nach dieser Grunderkrankung nicht selten langwierig.
Begutachtung. Der erste Schritt bei der Diagnose besteht zunächst darin, festzustellen, ob das Kind wirklich hinter seinem Wachstumspotenzial zurückbleibt. Dazu wird der Arzt zunächst den Wachstumsverlauf der letzten Monate und Jahre prüfen und auch errechnen, auf welcher Perzentile das Gewicht des Kindes in Bezug auf die Körpergröße liegt.
Untersuchung. Eine gründliche Untersuchung schließt sich an, evtl. auch Blut-, Stuhl- und Urinuntersuchungen, um beispielsweise eine Entzündung des Magen-Darm-Traktes auszuschließen.
Ernährungsprotokoll. Womöglich lässt der Arzt auch eine Woche lang ein Tagebuch über die Ernährung führen.
Behandlung
Ergibt sich durch die Untersuchungen ein gezielter Verdacht, wird entsprechend behandelt. Dazu gehört evtl. auch eine stationäre Aufnahme. Gedeiht das Kind dort besser und wird eine zugrunde liegende Erkrankung nicht gefunden, so deutet dies auf eine psychosoziale Ursache hin. In einem solchen Fall benötigt also die ganze Familie Hilfe.
Ergibt sich kein Hinweis auf eine Gedeihstörung, das heißt, bescheinigt der Kinderarzt Ihrem Kind, dass es in vertretbarem Tempo "zulegt", so sollte dieses Thema möglichst nicht mehr angesprochen werden.
In manchen Fällen ist es notwendig, das Kind im Krankenhaus zu behandeln. Hier wird es wieder "aufgepäppelt" durch eine parenterale Ernährung, also eine Nährstoffzufuhr durch eine Infusion, oder durch eine "Astronautenkost", die getrunken oder mittels Sonde verabreicht wird.
Ihr Apotheker empfiehlt
Was Sie als Eltern tun können
Ist die Ursache erkannt, richtet sich die Therapie nach der Grunderkrankung. Zusätzlich können Sie die Normalisierung des Körpergewichts aktiv unterstützen:
Erhöhte Nahrungszufuhr. Bieten Sie Ihrem Kind die Wunschkost, die es am liebsten isst. Also auch mal Pommes frites oder Schokoladenfondue. Stellen Sie den Obstkorb so auf, dass Ihr Kind ihn auch sieht. Auch wenn Ihr Kind Obst eigentlich "uncool" findet – die eine oder andere Banane oder Erdbeere findet trotzdem ihren Weg in den Bauch Ihres Kindes.
Auf kalorienhaltige Getränke würden wir trotzdem verzichten – sie sind zwar beliebt, aber verschlechtern meist das Essverhalten bei den Hauptmahlzeiten und sind deshalb in der Summe eher kontraproduktiv. Nichts spricht aber dagegen, bei besonderen Anlässen wie im Freibad mal eine Cola oder ein anderes Süßgetränk zu spendieren.
Regelmäßige Mahlzeiten. Seien Sie Ihrem Kind ein Vorbild. Eine hastige Mahlzeit im Stehen ist weder für Sie gut, noch fördert es das Gedeihen Ihres Kindes. Nehmen Sie wenigstens eine Mahlzeit am Tag gemeinsam ein und lassen Sie sich und Ihrem Kind dabei Zeit. Setzen Sie es dabei nicht mit Aussagen unter Druck wie "Du musst jetzt essen!" oder "Du stehst nicht eher auf, bis der Teller leer ist!".
Hautausschläge und Hautpflege bei Babys
Hautausschläge. Fast jedes Neugeborene hat eine irgendwie auffällige Haut. Manche Hautveränderungen wie Muttermale bringt das Baby schon aus dem Mutterleib mit. Andere entstehen durch die rasche Anpassung, die die Haut nach neun Monaten „im Aquarium“ nun leisten muss. Allen diesen „Ausschlägen“ aber ist eines gemeinsam: Sie sind nicht krankhaft. Zu den häufigsten Hauterscheinungen des Neugeborenen gehören:
Hautschuppung. In den ersten Tagen beginnt die Haut am ganzen Körper zu schuppen, meist feinschuppig, bisweilen auch in zentimetergroßen Hautfetzen. Dies wird durch die Austrocknung der vom Fruchtwasser aufgeweichten Hornschicht der Haut hervorgerufen. Die abgeschilferte Haut regeneriert sich am besten von selbst, Salben oder Pflegemittel bringen nichts. Bildet die Haut allerdings flüssigkeitsgefüllte Blasen, sollten Sie mit dem Kind zum Arzt gehen.
Neugeborenenakne. Bis zur vierten Lebenswoche treten bei vielen Neugeborenen kleine bräunliche, pickelartige Knötchen auf, vor allem im Bereich der Wangen. Es wird vermutet, dass es sich dabei um eine Reaktion auf die im Mutterleib übertragenen mütterlichen Geschlechtshormone handelt. Solange sich die Pickel nicht entzünden (erkennbar an Eiter und zunehmender Rötung und Schwellung der Umgebung), tun Sie am besten gar nichts – auch kein Abrubbeln und schon gar kein Ausdrücken. Der Ausschlag verschwindet innerhalb weniger Wochen von selbst.
Erythema toxicum. Ein ähnlicher, völlig normaler Ausschlag wird manchmal in den ersten Lebenstagen an den Ärmchen, Beinen oder am Rumpf beobachtet: Hier schießen kleine gelblich-weiße, von einem roten, nicht geschwollenen Hof umgebene Knötchen auf, die innerhalb weniger Tage von selbst wieder verschwinden. Dieser Ausschlag wird vom Kinderarzt Erythema toxicum genannt.
Milien. Infolge einer Zystenbildung in Talg- und Schweißdrüsen entwickeln sich bei über der Hälfte der Neugeborenen kleine, reizlose, weiße, talggefüllte Pünktchen vor allem im Bereich der Nase. Sie bilden sich in den ersten Lebenswochen von selbst zurück.
Hautpflege: so wenig wie möglich
Die Zuwendung von Mutter zu Kind scheint sich seit Generationen besonders in der Hautpflege zu äußern und dort im Säuglingsbad zu kulminieren. Heute weiß man, dass der Haut des Säuglings eines am besten tut: dass mit ihr so wenig wie möglich gemacht wird. Und dies schon nach der Geburt. Die Käseschmiere (Vernix), die das Kind aus dem Mutterleib mitbringt, hat sowohl eine nachhaltig fettende Wirkung als auch gegen Bakterien und andere Mikroben gerichtete (antimikrobielle) Eigenschaften. Das angeblich säubernde Bad nach der Geburt reinigt also keineswegs (es war im Mutterleib ja nicht schmutzig), sondern entfernt eine wichtige Schutzschicht. Besser ist das bloße Abwischen.
Auch danach braucht die Haut keine Pflege. Denn in den ersten Wochen schilfern sich die oberflächlichen Hautschichten rasch ab, und auch später bleibt die Haut des Säuglings so aktiv, dass sie sich beständig selbst reinigt. Es reicht völlig, das Baby vor allem dort abzuwaschen, wo es wirklich immer mal wieder schmutzig wird: am Oberkörper (Spucke, Milch) und im Windelbereich. Gegen ein wöchentliches Bad ist nichts einzuwenden, am besten wird dabei aber auf „reinigende“ Zusätze verzichtet.
Nabelpflege
Wie bei der Haut heißt es auch beim Nabel: weniger zu tun ist besser. Vergleichsstudien zeigen nämlich, dass überzogene Pflege, ob mit Alkohol oder mit Puder, mit Nachteilen verbunden sein kann. Die tägliche Behandlung mit Alkohol verzögert die Wundheilung; Puderstäube werden vom Baby leicht eingeatmet und können dann die Lunge schädigen, und Nabelbinden schaffen eine abgeschlossene Kammer, in der Bakterien besser gedeihen als an der Luft. Anzuraten dagegen ist häufiger Hautkontakt. Es hat sich gezeigt, dass die natürliche Hautflora der Mutter dabei auch den Nabel des Babys besiedelt und dort eventuelle schädliche Bakterien in Schach hält.
Basispflege. Solange der Nabelstumpf noch nicht abgefallen ist, wird er in einen trockenen Mulltupfer eingeschlagen und unter das Hemdchen gelegt. Die Klemme kann abgenommen werden, wenn der Stumpf trocken ist. Schlagen Sie die Windel vorne so um, dass der Rand nicht am Nabelstumpf reibt. Wenn Sie wollen, dürfen Sie Ihr Baby baden, tupfen Sie den Nabel danach nur ab. Die eingetrocknete Nabelschnur fällt meist zwischen dem fünften und neunten Tag ab, gelegentlich aber auch erst nach drei Wochen. Manchmal sehen Sie dann etwas Blut am Windelrand, das ist normal. Versuchen Sie nie, den Stumpf selbst „abzuziehen“, auch wenn er noch so wackelig auf dem Nabel sitzt.
Bei Nässen oder Rötung. Nach dem Abfallen ist der Nabelgrund oft noch eine Weile feucht und „schmierig“, und es bilden sich braune, gelbe oder grüne Krusten. Solange die Umgebung des Nabels nicht geschwollen oder gerötet ist, ist das normal. Sie können dann den Nabel zwei- bis dreimal am Tag vorsichtig mit einem weichen Tuch mit Wasser und Babyseife auswaschen. Schmiert der Nabelgrund weiter und riecht eitrig (manchmal sehen Sie dann auch kleine Pickelchen rund um den Nabelrand), können Sie den Nabel mit Calendula-Tinktur (aus der Apotheke) auswaschen (ein paar Spritzer Tinktur in einen Eierbecher Wasser).
Bei größeren Problemen. Rötet sich aber der Bauch rund um den Nabel, schwillt an und bereitet dem Baby Schmerzen, müssen Sie zum Kinderarzt gehen. Denn es könnte sich dabei um eine eitrige Nabelentzündung (Omphalitis) handeln, die antibiotisch behandelt werden muss. Auch wenn der Nabel stark nässt oder das Nässen nicht aufhört, sollten Sie hierzu den Kinderarzt fragen, da dies auf eine seltene, feine Verbindung des Nabelgrunds mit der Blase hinweist (sog. Urachusgang).
Bei Knötchenbildung. Manchmal bildet sich am Grund des Nabels ein feines, rotes, nässendes Knötchen. Es geht von der 2–3 mm großen Stelle aus, an der die Nabelschnur hing. An dieser kleinen Wunde hat sich „wildes Fleisch“, ein Nabelgranulom, gebildet, das meist von selbst zurückgeht. Verwenden Sie auch jetzt zur Nabelreinigung nur Wasser und Seife; Alkohol verzögert die Rückbildung des Granuloms. Bleibt das Knötchen bestehen, so betupft es der Kinderarzt mit einem Silbernitratstift; diese Chemikalie zieht das Fleisch zusammen. Manchmal muss diese Silbernitratbehandlung wiederholt werden.
Was sonst noch an Haut, Nabel und Schleimhäuten auffallen kann
Schwitzen
Manche Säuglinge schwitzen im Schlaf im Hals- und Kopfbereich – oft so stark, dass ihr Strampler richtig nass wird. Dies ist eine normale Reaktion. Stellen Sie aber auf jeden Fall sicher, dass die Zimmertemperatur beim Schlafen nicht zu hoch ist (etwa 16–18 °C genügen).
Eingewachsene Zehennägel
Bei nicht wenigen Säuglingen wachsen die Nägel an den großen Zehen seitlich ein. Die Haut am Nagelrand verhärtet sich dabei und ist oft gerötet. Dies bereitet dem Kind nur selten Probleme und verschwindet meist von selbst wieder. Lassen Sie den Nagel lange stehen und schneiden Sie ihn immer ganz gerade ab; knipsen Sie den Nagel also nicht seitlich ab. Verursacht der eingewachsene Nagel eine eitrige Nagelbettentzündung, so muss diese behandelt werden. Erkennungszeichen der Nagelbettentzündung (Nagelumlauf) sind beim Kind dieselben wie beim Erwachsenen.
Saugbläschen und Gaumenperlen
In den ersten Lebenswochen bildet sich in der Mitte der Lippen oft ein so genanntes Saugbläschen. Es ist ein normales Zeichen eines gesunden Appetits und tut dem Baby nicht weh. Es verschwindet von selbst, kommt aber oft einmal wieder.
Wenn das Baby schreit, sieht man in den ersten Wochen an Gaumen oder Zahnleiste oft einige gelblich-weiße, glänzende, ungefähr stecknadelkopfgroße, kaum erhabene „Pünktchen“. Dies sind kleine Einschlüsse von Hautabschilferungen, die bei Medizinern auch als Gaumenperlen oder Epithelperlenbekannt sind. Sie verschwinden von selbst.
Stumpfe, weiße, flächenhafte Auflagerungen an der Mundschleimhaut, die sich mit dem Finger nicht leicht wegwischen lassen, können durch einen Mundsoor bedingt sein, der von Hefepilzen herrührt. Er wird durch Einträufeln antimykotischer Lösungen (z. B. Nystatinlösung, viermal am Tag) behandelt. Stillt die Mutter, so wird am besten auch die Brustwarze der Mutter mit diesen Mitteln betupft.
Impetigo
Impetigo [contagiosa] (Grindflechte, Grind): Sehr ansteckende, juckende, manchmal auch schmerzende oberflächliche Hautinfektion, die sich meist im Gesicht oder an der behaarten Kopfhaut, an den Händen, Armen oder Beinen ausbreitet, selten auch im Bereich der Genitalien.
Impetigo kommt bei Klein- und Kindergartenkindern am häufigsten vor. Ausgelöst wird die Erkrankung durch Staphylokokken- oder Streptokokken-Bakterien. Da Wärme die Vermehrung der Bakterien begünstigt, kommt sie in den warmen Monaten am häufigsten vor.
Symptome und Leitbeschwerden
Meist an den Fingern oder im Gesicht:
- Zunächst klare, dann eitrige Hautbläschen mit rotem Hof, die sich allmählich v. a. um Mund und Nase, aber auch an Armen und Beinen ausbreiten und auf der Haut honiggelbe Krusten bilden
- Unangenehmer Juckreiz
- Je nach Form des Ausschlages anschwellende nahegelegene Lymphknoten und leichtes Fieber.
Inkubationszeit. 2–10 Tage.
Zeitraum der Ansteckung. Bis etwa 24 Stunden nach Beginn der Antibiotikabehandlung; ohne Behandlung: bis die Wunden abgeheilt sind.
Wann zum Kinderarzt
Heute noch, wenn
- Ihr Kind den beschriebenen Ausschlag im Gesicht hat.
Sofort, wenn
- Ihr Kind Fieber bekommt oder es ihm zunehmend schlechter geht.
Die Erkrankung
Krankheitsentstehung und Übertragung
Unsere Haut ist natürlicherweise von unzähligen gutartigen Bakterien besiedelt. Wirkungsvolle Schutzmechanismen, z. B. der Säureschutzmantel der Haut, verhindern, dass die Bakterien in tiefere Hautschichten vordringen. Ist die Haut jedoch beispielsweise durch Kratzer oder Risse verletzt, dringen infektionsauslösende Bakterien in die Haut ein und führen zu einer bakteriellen Hautentzündung.
Impetigo wird meist durch Staphylokokken- oder Streptokokken-Bakterien ausgelöst. Häufig werden diese Keime z. B. aus dem Rachen des Kindes verschleppt oder von einem anderen Kind übertragen. Das Kind, von dem die Ansteckung ausgeht, muss selbst nicht krank sein: Gerade Streptokokken und Staphylokokken kommen bei manchen gesunden Kindern im Rachen oder der Nase vor.
Bereits durch das Berühren werden die Impetigo-Erreger von der Haut des Erkrankten auf die Haut anderer Personen übertragen. Und das geschieht nicht nur durch direkten Hautkontakt, sondern auch indirekt über Gegenstände, die der Erkrankte berührt hat (z. B. Kleidung, Spielsachen oder Handtücher). Aus diesem Grund breitet sich die Erkrankung gerade in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergarten, Kita oder Schule oft sehr schnell aus.
Etwa 2–10 Tage nach der Ansteckung zeigt das Kind die ersten Krankheitszeichen. Kratzt oder berührt es die entzündete Haut, werden die Erreger oft über den ganzen Körper verteilt (sog. Schmierinfektion).
Risikofaktoren
Häufig tritt die Impetigo-Infektion infolge einer verminderten Immunabwehr wie bei Erkältungen auf, bei der die Haut rund um Mund und Nase entzündet und dadurch vorgeschädigt ist. Häufiger betroffen sind auch Kinder mit Neurodermitis oder einer Durchblutungsstörung, z. B. als Begleiterscheinung von Diabetes mellitus.
Klinik
Als Folge der Infektion bilden sich auf der zunächst leicht geröteten Haut Bläschen unterschiedlicher Größe; der Mediziner unterscheidet zwei Typen:
- Kleinblasiger Typ: Kleine Bläschen sind für eine Infektion mit Streptokokken typisch. Zu sehen sind honiggelbe Krusten und oberflächliche Hautverletzungen (Erosionen).
- Großblasiger Typ: Große, prall gefüllte Blasen sind für Staphylokokken-Bakterien typisch, insbesondere Staphylococcus aureus.
Beide Bläschentypen sind von einem geröteten Saum umgeben und trüben rasch eitrig ein. Wenn sie platzen, entstehen die typischen honiggelben Krusten, die Herde breiten sich aus – oft helfen hier die kratzenden Finger des Kleinkindes nach. Kinder mit ausgedehnten Entzündungen entwickeln Fieber und fühlen sich in ihrem Allgemeinbefinden beeinträchtigt.
Komplikationen
Die Impetigo heilt praktisch immer narbenlos ab, Komplikationen sind bei rechtzeitiger Behandlung selten. Bleibt die Erkrankung unbehandelt, besteht die Möglichkeit, dass wie bei der eitrigen Angina (Streptokokken-Angina) Immunreaktionen auftreten, die Infektion sich ausbreitet und andere Körperregionen befällt:
Nierenentzündung. Bei langem Krankheitsverlauf besteht bei etwa 5 % der Fälle die Gefahr einer Nierenkörperchenentzündung (Glomerulonephritis).
Rheumatisches Fieber. Extrem selten kommt es zu einem akuten rheumatischen Fieber.
Hautreaktionen. Bei Staphylokokken führt eine Immunreaktion der Haut bisweilen zu schweren Entzündungen und Hautablösungen (Lyell-Syndrom).
Weitere Entzündungen. Die eitrige Bindehautentzündung (Konjunktivitis) oder eine Mittelohrentzündung (Otitis media) stellen ebenfalls seltene Komplikationen dar. Eine unbehandelte Infektion mit Staphylokokken begünstigt außerdem die Entstehung von Furunkeln und Karbunkeln.
Diagnosesicherung
Der Arzt erkennt die Impetigo allein anhand des typischen Bildes. In schwereren Fällen macht er möglicherweise einen Hautabstrich sowie einen Nasen- und Rachenabstrich, um den genauen Erreger festzustellen.
Behandlung
Konservativ
Leichtere Formen lassen sich in aller Regel durch eine äußerliche Behandlung in den Griff bekommen: Durch Auflegen feuchter Kompressen mit evtl. desinfizierenden Lösungen werden die Krusten abgelöst. Ihr Nutzen ist allerdings fraglich.
Pharmakotherapie
Stärker wirksam sind antibiotikahaltige Salben oder Gels. Bei einer ausgedehnten oder immer wiederkehrenden Impetigo werden auch orale Antibiotika verordnet.
Zudem wird in solchen Fällen durch einen Rachenabstrich geprüft, ob hier etwa ein Keimreservoir vorhanden ist; dies wird zusätzlich durch in die Nase eingebrachte Antibiotikasalben behandelt. Antibiotikatabletten haben häufiger Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden als Salben.
Prognose
Bei richtiger Behandlung heilt eine Impetigo contagiosa meistens gut aus, allerdings entstehen durch das Aufkratzen manchmal Narben.
Eine überstandene Erkrankung macht nicht immun gegen die Bakterien und schützt nicht vor einer erneuten Infektion.
Ihr Apotheker empfiehlt
Was Sie als Eltern tun können
Hygienische Maßnahmen haben einen hohen Stellenwert beim Umgang mit der Erkrankung:
- Händewaschen. Der Ausschlag ist extrem ansteckend und Sie sollten die Herde so wenig wie möglich berühren. Danach ist Händewaschen Pflicht! Größere Kinder sollten angehalten werden, nicht am Ausschlag herumzukratzen. Und wenn es doch passiert: Regelmäßiges Händewaschen senkt auch hier das Risiko, dass sich neue Stellen infizieren.
- Verbinden und Abdecken. Um die Wiederinfektion durch Kratzen zu erschweren, empfiehlt es sich, die Herde z. B. mit Wundgaze abzudecken. Die nässenden Stellen müssen aber trocken bleiben - wenn sie feucht sind, können sie nicht abheilen.
- Fingernägel. Schneiden Sie die Fingernägel Ihres kranken Kindes kurz, damit die Möglichkeit des Kratzens und somit einer Weiterverbreitung der Bakterien reduziert wird.
- Wäsche. Um die Übertragung zu erschweren, sollte das Kind nicht die gleichen Handtücher benutzen wie die übrigen Familienmitglieder; seine Kleidung, Bettwäsche und die Handtücher sollten täglich gewaschen werden, möglichst bei 60 °C.
- Geschirr. Da auch eine indirekte Übertragung möglich ist, bekommen kranke Kinder ihre eigene Wäsche (v. a. Unterwäsche) sowie Essbesteck und Geschirr.
Komplementärmedizin
Bewährt hat sich die Behandlung mit Calendula-Essenz. Diese wird im Verhältnis 1:10 mit Wasser verdünnt und als feuchte Kompresse mehrmals täglich auf die betroffene Haut gelegt. Auch Thymiantee wird von manchen naturheilkundlichen Ärzten zur oberflächlichen Behandlung empfohlen.
Prävention
Die wichtigste Vorbeugemaßnahme ist eine sorgfältige Hygiene bei ihrem Kind. Sich täglich gründlich zu waschen, auch und gerade in den Hautfalten, sollte das Kind so früh wie möglich lernen. Die Fingernägel Ihres Kindes sollten Sie kurz halten.
Wenn ein Familienmitglied an Impetigo erkrankt, müssen Sie besonders darauf achten, ob Ihr Kind Kratzer oder Insektenstiche hat oder aus der Nase blutet. Diese kleinen Verletzungen sind ideale Eintrittspforten für infektionsauslösende Bakterien - einmal Naseputzen kann bereits genügen.
Kinder, die an Impetigo erkrankt sind, dürfen für die Dauer der Erkrankung keine Gemeinschaftseinrichtung wie Kindergarten, Kita oder Schule besuchen.
Infektionsneigung bei Kindern
Krankhafte Infektionsneigung: Angeborene oder erworbene Schwäche des Immunsystems (Immundefekt).
Weniger als 1 % der Kinder leiden daran. Diese Kinder fallen nicht nur durch sehr häufige Infektionen auf (mehr als 12 Infektionen pro Jahr), sondern v. a. durch besonders langwierige und schwerwiegende Verläufe, z. B. Abszessbildungen an der Haut. Häufig findet der Arzt ungewöhnliche Erreger als Ursache, z. B. Pilze.
Symptome und Leitbeschwerden
- Gehäufte Infektionen aller Art, leichte wie Schnupfen, aber auch schwerere wie Bronchitis oder eitrige Mittelohrentzündungen.
Wann zum Kinderarzt
In den nächsten Tagen, wenn
- Ihr Kleinkind mehr als 12, Ihr Schulkind mehr als 8 Infekte pro Jahr hat, die einzelnen Episoden in der Regel länger als 4 Tage andauern und sie ungewöhnlich schwer erscheinen oder von Komplikationen begleitet werden wie Hirnhautentzündung (Meningitis) oder Lungenentzündung (Pneumonie).
- sich Ihr Kind zwischen den Infekten nicht mehr erholt.
- Ihr Kind neben den häufigen Infektionen nicht wie seine Altersgenossen wächst und/oder eher dünn ist.
- die Infektionskrankheiten trotz Antibiotika nicht gut ausheilen.
- Husten vorherrschend ist, da es sich evtl. um eine Allergie oder Asthma handelt.
Die Erkrankung
Krankheitsentstehung
Auch wenn oft Ernährungsstörungen, Immunschwäche oder Schlimmeres dahinter vermutet wird: Meist steckt hinter einer von Eltern beklagten Infektionsneigung nichts Krankhaftes.
Im Gegenteil: Das Kleinkind kann als ein Wesen mit "natürlicher Infektionsneigung" beschrieben werden. Denn "ohne Fleiß kein Preis" ist die Devise des Immunsystems – es kann nur dann leistungsfähig werden, wenn es die wichtigsten Erreger nach und nach "durchmacht". Dieses Training beginnt gegen Ende des 1. Lebensjahres, wenn der natürliche Schutz durch die mütterlichen Antikörper (Nestschutz) abfällt; Der kindliche Körper muss jetzt eigene Antikörper bilden. Ab jetzt sind bis zum Schulalter etwa 6–8 Infektionen (im 2. Lebensjahr sogar 8–12) pro Jahr normal.
Häufige Infektionen entstehen manchmal auch im Rahmen bestimmter Organkrankheiten. So leiden z. B. Kinder mit einer schweren Refluxkrankheit immer wieder unter Bronchitis und haben auch häufiger Mittelohrentzündungen. Auch Kinder mit schlecht behandeltem Asthma sind häufiger krank, da sie durch die verengten Bronchien daran gehindert werden, ihre Luftwege "sauber zu halten"; aus diesem Grund neigen sie zu immer wiederkehrenden Infektionen der Bronchien. Bei Kindern mit einer Abflussstörung an den Harnwegen (vesikorenaler Reflux) häufen sich Harnwegsinfekte. Hat ein Kind also immer wieder "Probleme an der gleichen Stelle", ist eine Suche nach eventuell zugrunde liegenden Störungen empfehlenswert.
Risikofaktoren
Nicht gestillte Kinder sowie Kinder rauchender Eltern haben statistisch mehr Infektionen (v. a. Mittelohrentzündungen) als ihre gestillten, nicht mitrauchenden Altersgenossen. Auch Kinder in großen Familien oder Kleinkinder, die Kinderbetreuungseinrichtungen besuchen, schlagen sich häufiger mit "eingeschleppten" Infekten herum.
Diagnosesicherung
Leidet Ihr Kind unter wiederholt auftretenden Infektionen eines bestimmten Organsystems, z. B. Nebenhöhlen oder Ohren, untersucht der Arzt das betreffende Organ besonders sorgfältig. Liegt keine ungewöhnliche Infektanfälligkeit vor und zeigt die körperliche Untersuchung keine Auffälligkeiten, wird der Arzt keine weitere Untersuchung durchführen.
Blutuntersuchung. Vermutet der Arzt eine krankhafte Infektionsneigung, so prüft er durch Blutuntersuchungen die wichtigsten Funktionen des Immunsystems und überweist das Kind möglicherweise an einen Spezialisten.
Ultraschall und Röntgen. Unter Umständen wird ein im Verdacht stehendes Organ (z. B. Bronchien, Lunge, Scheide oder Magen) sonografiert, geröntgt oder durch eine andere bildgebende Methode genauer untersucht, um Fremdkörper (z. B. verschluckte Murmeln) als Ursache gehäufter Infekte auszuschließen.
Weitere Untersuchungsmethoden. Je nachdem, wo die Infektion auftritt, werden Urin, Hirnwasser, Schleim aus der Lunge oder andere Flüssigkeiten auf Krankheitserreger hin getestet.
Ärztliche Behandlung
Vermutet der Arzt eine krankhafte Infektionsneigung, so prüft er durch Blutuntersuchungen die wichtigsten Funktionen des Immunsystems und überweist das Kind möglicherweise an einen Spezialisten.
Leiden Säuglinge oder Kleinkinder an Fieber unbekannter Herkunft oder akuten Ateminfektionen, sind in den meisten Fällen Viren verantwortlich. Da bakterielle Infektionen in dieser Altersgruppe jedoch oft schwer verlaufen, wird bei unbekanntem Erreger häufig dennoch eine vorsorgliche Antibiotikabehandlung eingeleitet. Seit Neuestem erlauben Schnelltests einen bakteriellen Erregerausschluss: Sie ermitteln, ob eine Erhöhung bestimmter Entzündungsmarker wie CRP vorliegt. Ein normales CRP spricht gegen eine bakterielle Infektion, auf eine vorsorgliche Antibiotikatherapie kann somit tendenziell verzichtet werden.
Ihr Apotheker empfiehlt
Was Sie als Eltern tun können
Die meisten Kinder mit "Infektneigung" sind gesund, d. h. ihr Immunsystem funktioniert völlig normal. Im späten Kindergartenalter klingen die häufigen Infekte von selbst ab. Alles, was Eltern hier tun können, ist, den Kindern einen gesunden Rahmen zu bieten: gesunde Ernährung, genügend Auslauf und Schlaf und die sonstigen Freuden des Lebens. Zigarettenrauchen muss den Kindern zuliebe eingestellt werden.
Abhärtungsmethoden wie Kneipp-Güsse oder Wechselduschen wirken unterstützend, Spielen im Freien, auch bei Regen, ist genauso gut.
Prävention
Ansteckungen lassen sich oft nicht verhindern, allerdings schützt Händewaschen vor der einen oder anderen Ansteckung. Auch folgende pflanzliche Mittel haben sich bewährt:
Quendel. Aus dieser bei uns wild wachsenden Thymianart lässt sich ein Tee herstellen. Dafür wird 1 Teelöffel des getrockneten Krautes mit 1 Tasse kochendem Wasser übergossen, 10 Minuten ziehen lassen.
Sauerkraut. Die im rohen Sauerkraut oder auch im Sauerkrautsaft enthaltenen Laktobazillen regulieren die Darmflora und unterstützen so das Immunsystem. Eine regelmäßige "Sauerkrautkur" sollte beispielsweise regelmäßig zu Winterbeginn (einmal am Tag) eingeleitet werden - allerdings noch nicht bei Babys!
Weizengras. Dieses altbewährte Heil- und Nahrungsmittel wirkt ebenfalls immunstimulierend: Säen Sie dazu Weizenkörner in Blumentöpfe aus. Sobald die daraus wachsenden Sprossen etwa 10 cm hoch sind, schneidet man ein kleines Büschel ab und kaut ihn gründlich durch (der faserige Rest wird ausgespuckt). Auch hier gilt: Nicht bei Babys einsetzen!
Kopfläuse
Kopfläuse (Pediculi capitis): Parasitenbefall, von dem überwiegend Kinder im Vor- und Grundschulalter betroffen sind.
Kopfläuse zählen zur häufigsten Erkrankung mit Parasiten im Kindesalter. Fast alle Kinder werden einmal oder mehrmals von Kopfläusen heimgesucht, insbesondere in den Herbst- und Wintermonaten. Medizinisch sind die Tierchen harmlos, im Gegensatz zu den hierzulande nur in sozialen Brennpunkten (wie Obdachlosenquartieren) vorkommenden Kleiderläusen übertragen Kopfläuse keine Krankheiten.
Symptome und Leitbeschwerden
- Starker Juckreiz sowie rötliche Hautveränderungen am Kopf, v. a. hinter den Ohren, an den Schläfen und am Hinterkopf sowie im Nacken
- Kratzbedingte Entzündungen und offene Stellen der Kopfhaut
- Weißliche, schuppenähnliche Nissen (Läuseeier) an den Haaren, v. a. nahe der Kopfhaut
- Evtl. Geschwollene Lymphknoten.
Wann zum Kinderarzt
Am nächsten Tag, wenn
- eine erste Lausbehandlung auch durch Selbsthilfemaßnahmen (siehe "Was Sie als Eltern tun können") erfolglos bleibt.
- Ihr Kind unter 3 Jahre alt ist und Kopfläuse hat.
Heute noch, wenn
- Sie nicht sicher sind, ob es sich um Läuse handelt.
- Ihr Kind sehr viele Läuse hat oder die Kopfhaut aufgekratzt und entzündet ist.
- Sie selbst Läuse haben und dazu entweder schwanger sind oder stillen.
Die Erkrankung
Krankheitsentstehung und Übertragung
Kopfläuse sind 1–4 mm groß und überleben nur im menschlichen Kopfhaar. Dort ernähren sie sich ausschließlich vom Blut der Kopfhaut, indem sie ihren Stechrüssel zum Blutsaugen mehrmals täglich in die Kopfhaut einstechen. Durch die Absonderung von Speichel wird die Blutgerinnung verhindert. Die Einstiche verursachen den oft bei Lausbefall auftretenden Juckreiz.
Die Weibchen legen ungefähr einen Monat lang bis zu 10 Eier täglich und kleben diese samt der sie umgebenden Eihülle mithilfe eines wasserunlöslichen Klebstoffs als sogenannte Nisse an das Haar, und zwar etwa 3–4 mm von der Kopfhaut entfernt. Weibchen produzieren im Laufe ihres Lebens zwischen 200 und 300 Eier. Nach 7–10 Tagen schlüpfen die Larven aus; nach weiteren 7–10 Tagen legen diese selbst wieder Eier ab.
Findet die Laus z. B. wegen zu niedriger Temperaturen keine Nahrung mehr, werden nach ca. 2 Tagen keine entwicklungsfähigen Eier mehr produziert; sie trocknet dann nach einigen Tagen aus.
Wenn das Haar wächst, wandern die Nissen mit dem Haar immer weiter von der Kopfhaut weg – das hilft, alte Nissen, die auch bei einer erfolgreichen Läusebehandlung manchmal verbleiben, von frischen Nissen zu unterscheiden: Während letztere immer nahe an der Kopfhaut sitzen, kleben die alten Nissen am Haar weiter außen. Es gilt: Aus Nissen, die weiter als 1 cm von der Kopfhaut entfernt sind, schlüpfen keine neuen Läuse mehr.
Klinik
Durch das Kratzen entstehen nässende Hautentzündungen, teilweise mit gelblichen Krusten. Zusätzlich schwellen teilweise auch die Lymphknoten hinter den Ohren und im Nacken an.
Risikofaktoren
Kopfläuse werden meist von Mensch zu Mensch durch engen Kontakt übertragen. Die Tierchen können zwar weder fliegen noch springen, sind aber schnelle Läufer. Stecken also die "lieben Kleinen" die Köpfe zusammen, und dies tun v. a. Kindergarten- und Grundschulkinder, so wandern die Läuse mühelos und unbemerkt von Kopf zu Kopf.
Seltener ist die indirekte Übertragung z. B. über Mützen, Kapuzen, Kuscheltiere, Nackenstützen oder Kämme.
Kopfläuse haben nichts mit mangelnder Hygiene zu tun – auch gewaschene Haare sind für Läuse attraktiv. Dass sich Kinder immer wieder anstecken und die Läuse aus manchen Kindergartengruppen einfach nicht wegzukriegen sind, hat in der Regel damit zu tun, dass sie oft nicht ausreichend behandelt werden.
Komplikationen
Durch das Kratzen entstehen nässende Wunden an der Kopfhaut, die sich leicht entzünden und eine gelbliche Kruste zeigen (Ekzem). Durch die Entzündung schwellen bisweilen auch die Lymphknoten hinter den Ohren und im Nacken an.
Haarausfall. Ein starker Kopflausbefall verursacht in seltenen Fällen, dass die Haare vorübergehend ausfallen.
Diagnosesicherung
Symptome wie Juckreiz an typischen Stellen verweisen bereits auf die Diagnose (sog. Blickdiagnose). Ansonsten sucht der Arzt die Haare in Nähe der Kopfhaut strähnchenweise auf die weißlichen Nissen ab. Am besten geht dies bei hellem Licht mit einer Lupe. Die Läuse sind zwar auch mit bloßem Auge sichtbar, aber deutlich schwerer zu finden, da sie sich sehr schnell bewegen.
Behandlung
Um Kopfläuse loszuwerden, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Mechanische Entfernung mit einem speziellen Läusekamm (siehe "Was Sie als Eltern tun können")
- Mittel mit Insektengift (siehe unten)
- Mittel auf Silikonbasis (siehe "Ihr Apotheker empfiehlt")
- Mittel auf pflanzlicher Basis (siehe "Ihr Apotheker empfiehlt").
Konservative Behandlung
Wird der Arzt fündig, verordnet er ein Mittel (siehe unten) zur Läuseabtötung. Bei stark gereizter Kopfhaut empfiehlt er möglicherweise eine pflegende Creme zum Einreiben der Kopfhaut, eine Heilsalbe oder auch ein Weidenrindenshampoo. In schweren Fällen hilft eine kortisonhaltige Hautcreme, um die Entzündungsreaktion zurückzudrängen.
Leidet Ihr Kind durch das Jucken und Kratzen stark, verschreibt der Arzt womöglich Antihistaminika für die Nacht. Haben Bakterien zu schweren Hautentzündungen geführt, ist ein Antibiotikum nötig.
Das Robert Koch-Institut empfiehlt folgende Vorgehensweise für die Bekämpfung von Läusen:
- 1. Tag: Sofortige Behandlung mit einem Arzneimittel (Insektizid). Anschließend Haare mit Haarpflegespülung waschen und mit einem Nissen- oder Läusekamm nass auskämmen.
- 5. Tag: Haare erneut spülen und gründlich nass auskämmen, um nachgeschlüpfte Larven zu entfernen. Dadurch werden auch sehr spät geschlüpfte Larven entfernt.
- 8., 9. oder 10. Tag: Weitere Behandlung mit dem Insektizid, um spät geschlüpfte Larven abzutöten. Anschließend die Haare nass mit einer Pflegespülung waschen und auskämmen.
- 13. und 17. Tag: Kontrolluntersuchung durch gründliches nasses Auskämmen.
Kinder mit Kopfläusen dürfen in vielen Einrichtungen so lange nicht in Kindergarten oder Schule, bis der Arzt oder das Gesundheitsamt bescheinigt haben, dass die Läuse verschwunden sind.
Ihr Apotheker empfiehlt
Was Sie als Eltern tun können
Informieren. Benachrichtigen Sie als Erstes den Kindergarten oder die Schule sowie die Eltern befreundeter Kinder. Denn die Läusebehandlung ist eine Gemeinschaftsangelegenheit. Ziehen einzelne Eltern im Kindergarten nicht mit, gewinnen die Läuse die Oberhand (ist leider in manchen Einrichtungen inzwischen eher die Regel als die Ausnahme).
Entlausen der Umgebung. Da Läuse mind. 1–2 Tage auch ohne Kopfhaut überleben, muss immer auch die Umgebung mitbehandelt werden:
- Die gesamte Wäsche, die das Kind in der letzten Zeit getragen hat, ebenso Handtücher, Bettwäsche und waschbare Stofftiere, werden bei mind. 60 °C in der Waschmaschine gewaschen oder möglichst heiß in den Trockner gegeben. Bei dieser Temperatur überlebt keine Laus.
- Kämme, Bürsten Haarspangen, -reifen und -gummis werden 10 Minuten in mind. 60 °C heißes Seifenwasser gelegt und anschließend gründlich gereinigt.
- Gegenstände, die diese Hitze nicht vertragen, werden in einem dicht verschlossenen Plastiksack 2 Tage tiefgefroren.
- Bei ganz empfindlichen Teilen, die weder Hitze noch Kälte vertragen, werden die Läuse ausgehungert. Den Gegenstand in einen Plastiksack geben, gut verschließen und 4 Wochen bei Zimmertemperatur lagern, ohne ihn zu öffnen.
- Zur Behandlung der Wohnung (z. B. Sofas) reicht gründliches Saugen.
- Zweckmäßig ist es, die Fingernägel des betroffenen Kinds gleich zu Beginn kurz zu schneiden, damit es juckende Hautstellen nicht weiter aufkratzt.
- Jedes Familienmitglied sollte während der Behandlung eine eigenen Bürste oder Kamm benutzen.
- Der Einsatz von Desinfektionsmitteln oder Insektizidsprays wird ausdrücklich nicht empfohlen.
Nachkontrollen. Da kein Kopflausmittel zu 100% zuverlässig wirkt, ist eine Nachkontrolle und Wiederholungsbehandlung unerlässlich. Aber auch um "Behandlungsversager" und Wiederansteckung möglichst früh zu entdecken, werden die "Häupter der Lieben" jeden Tag auf Lausbefall untersucht, zumindest solange, bis die Epidemie im Kindergarten oder in der Schule abgeklungen ist.
Geeignete Medikamente
Leider heißt Läusetherapie auch heute noch in aller Regel "chemische" Behandlung – mit all ihren Nachteilen: Immer öfter wird etwa beobachtet, dass Läuse unempfindlich (resistent) gegen das angewendete Mittel werden – auch gegen die heute gängigen Pyrethroide. Und immer stärker kommen auch die möglichen Nebenwirkungen in die Diskussion .
- Pyrethrum-Extrakt. Aus bestimmten Chrysanthemenarten wird der Pyrethrum-Extrakt (Goldgeist® forte) hergestellt, der für Läuse ein Muskel- und Nervengift enthält. Eine bekannte Nebenwirkung ist eine meist leichte Hautreizung. Die Lösung wird Strähne für Strähne in die ausgekämmten und trockenen (!) Haare massiert. Das Mittel muss 30–60 Minuten einwirken. Auch größeren Kindern sollte man dabei helfen, da wirklich jedes Haar mit dem öligen Extrakt erreicht werden muss. Weil es die Nissen nicht zuverlässig abtötet, muss die Behandlung nach 8–10 Tagen wiederholt werden, um evtl. noch geschlüpfte Larven zu töten.
- Pyrethroide. Sie sind Verwandte des Pyrethrum-Extrakts. Das in InfectoPedicul® enthaltene Permethrin wird nicht so schnell abgebaut wie der Pyrethrum-Extrakt. Der Wirkstoff bleibt an den Haaren haften und tötet somit 3 Tage lang auch noch ausschlüpfende Larven. Die Behandlung muss nach 8–10 Tagen wiederholt werden.
- Jacutin® N (nur als Spray erhältlich) ist eine Kombination aus den Wirkstoffen Allethrin und Piperonylbutoxid und ähnelt daher den Pyrethroiden. Allerdings ist von Sprays generell abzuraten, da die Inhaltsstoffe evtl. versehentlich eingeatmet werden.
Hinweis: Läusemittel müssen genau nach Beipackzettel verwendet werden. Wendet man sie etwa auf zu nassem Haar an, so werden sie verdünnt und wirken nicht. Aus demselben Grund verbietet sich eine ungleichmäßige Verteilung oder eine zu sparsame Verwendung.
Komplementärmedizin
Im Zeitalter immer häufiger auftretender Resistenzen gegen die klassischen Insektizide sind die komplementärmedizinischen Methoden durchaus eine Überlegung wert – gerade für kleinere Kinder. Das Problem ist, dass ihre Wirksamkeit weit weniger gut bewiesen ist und dass sie zudem oft weitaus intensiver angewendet werden müssen – oft mehrmals am Tag und mehrere Tage hintereinander.
Hinweis: "Alternativ" bedeutet nicht unbedingt "harmlos". Von den meisten "alternativen" Präparaten liegen keine Untersuchungen über eventuelle Nebenwirkungen vor.
- Studien zeigen, dass allein schon das nasse Auskämmen mit Haarpflegespülung und Läusekamm alle 3-4 Tage in über 50 % der Fälle zur effektiven Entlausung führt. Da immer ein paar Läuse in den Haaren verbleiben, empfehlen Fachleuten das Auskämmen nicht als alleinige Behandlung, sondern nur ergänzend zur Behandlung mit Insektiziden.
- Präparate aus dem indischen Neembaum bieten einen interessanten Ansatz: Sie hemmen die Bildung des Chitinpanzers der Laus. Da bisher nur einige wenige Studien über die Wirksamkeit und über die Nebenwirkungen dieses natürlichen Insektizids vorliegen, sind neemhaltige Produkte nur als Medizinprodukte in Apotheken erhältlich; diese werden im Gegensatz zu Arzneiprodukten nicht vom Arzt verordnet. Zu diesen Mitteln zählen z.B. Niemolind® oder das Neem-Extrakt FT-Shampoo®.
- Ein anderer Ansatz besteht im Besprühen der Haare mit (nicht giftigem) Dimeticon, einer öligen Lösung, die auf dem Kunststoff Silikon basiert. Dieser hierzulande z. B. unter den Handelsnamen NYDA®L oder Etopril® verfügbare Entschäumer (oft bei Babykoliken gegen Blähungen verordnet) macht Läusen die Atmung unmöglich, indem er ihre Atemöffnung verschließt [B13]. Allerdings sind silikonhaltige Mittel leicht entflammbar. Deshalb sollten behandelte Kinder während der gesamten Anwendung bis zum Ausspülen keinesfalls in die Nähe offener Flammen oder eines Haarföns kommen.
- Auch manche ätherische Öle, z. B. Lavendel- oder Teebaumöl, besitzen eine gewisse Anti-Laus-Wirkung, die unseres Erachtens aber nicht zuverlässig ist. Zum Teil sollen diese Öle sogar die Kopfhaut schädigen.
- Produkte auf der Basis von Soja- oder Kokosöl (z. B. Aesculo Gel L® oder Mosquito Läuseshampoo®) sollen die Läuse ersticken, indem sie sie mit einem Ölfilm überziehen.
- Vielversprechend ist die in England entwickelte Methode des "bug busting", eine Behandlung mit Haar-Conditioner und einem besonders feinen Läusekamm: Der Kopf wird an 4 Tagen innerhalb von 2 Wochen mit gewöhnlicher Haarspülung eingerieben und dann mit einem sehr feinen Läusekamm ausgekämmt. In England ist hierzu ein spezielles Kit mit verschiedenen Nissenkämmen verfügbar, hierzulande muss improvisiert werden.
- Eine möglicherweise revolutionäre Behandlung stellt ein in den USA entwickelter spezieller Haarfön mit einem auf das Gebläse aufgesetzten Kamm dar. Diese "Läuseföne" sind noch nicht ausreichend getestet, um zuverlässige Aussage über ihre Wirksamkeit zu machen. Wichtig: Ein regulärer Haarfön oder eine Trockenhaube sind zur Behandlung von Läusen nicht geeignet (ebenso wie Läuse auch nicht in der Sauna verenden).
- Die Wirksamkeit von elektrischen Kämmen wurde bisher nicht bewiesen, es besteht außerdem die Gefahr, dass sie die Kopfhaut schädigen.
- Eine lähmende Wirkung auf die Läuse soll auch Essigwasser haben, das aus einem Teil Haushaltsessig und zwei Teilen warmem Wasser gemischt wird. Das Wasser soll 10 Minuten auf dem Haar einwirken, danach werden die Haare nass mit dem Läusekamm ausgekämmt. Der Kamm wird anschließend in heißem Essigwasser gereinigt.
- Essiglösungen sollen auch helfen, die Nissen leichter zu lösen. Dazu werden die Haare vorher in einer Essigmischung gespült, die aus einem handelsüblichen 5%igen Haushaltsessig 1:1 mit Wasser verdünnt wird.
- Als weiteres wirksames Hausmittel gilt Olivenöl, das angewärmt großzügig auf Haar und Kopfhaut gebracht wird. Über das eingeölte Haar werden eine Duschhaube sowie ein Handtuch gewickelt. Die Packung wirkt dann über Nacht. Anschließend wird das Haar mit dem Läusekamm ausgekämmt und mit einem herkömmlichen Shampoo gewaschen.
Prävention
Einen generellen Schutz – gerade für Kinder – gibt es nicht. Auch normales Haarewaschen nützt leider nicht gegen Läuse. Manche Eltern haben aber gute Erfahrungen mit einem Weidenrindenshampoo gemacht, das die Haare vor Lausbefall schützen soll. Von der früher oft empfohlenen Kurzhaarfrisur oder sogar Glatze nimmt man mittlerweile Abstand, da diese Radikalkur gerade für Kinder eine große Belastung dargestellt.
Die beste Prävention besteht darin, nachfolgende Fehler zu vermeiden – dann überleben weder Eier noch Larven oder Läuse:
- Zu kurze Einwirkzeiten der Kopflausmittel
- Zu sparsames Ausbringen des Mittels
- Eine ungleichmäßige Verteilung des Mittels
- Eine zu starke Verdünnung des Mittels in triefend nassem Haar
- Keine Wiederholungsbehandlung
- Eine zu frühe oder zu späte Wiederholungsbehandlung.
Magenpförtnerenge
Magenpförtnerenge (Pylorusstenose): Ausschließlich im Säuglingsalter auftretende Erkrankung des Magenausgangs, bei der die Säuglinge nach jeder Mahlzeit den ganzen Mageninhalt erbrechen.
Etwa 3 von 1000 Neugeborenen sind betroffen. Die Babys sind fast immer 2 Wochen bis 3 Monate alt. Die Magenpförtnerenge heilt bisweilen spontan aus, macht aber häufig einen operativen Eingriff notwendig.
Symptome und Leitbeschwerden
- Schwallartiges, strahlartiges Erbrechen rund eine halbe Stunde nach jeder Mahlzeit
- Gieriges Trinken trotz des Erbrechens
- Dehydratation, Gewichtsverlust, Abnahme der Urinmenge (zunehmend trockene Windeln) innerhalb weniger Tage
- Apathie (Teilnahmslosigkeit)
- Gelegentlich tastbarer Widerstand im Oberbauch, sichtbare peristaltische Welle durch die Bauchwand des Magens.
Wann zum Kinderarzt
Heute noch, wenn
- Ihr Baby immer wieder schwallartig nach dem Trinken erbricht und nicht an Gewicht zulegt.
- das Erbrochene säuerlich sowie stechend riecht.
- die Beschwerden seit Tagen zunehmen.
Die Erkrankung
Krankheitsentstehung
Beim normalen Spucken werden meist nur kleine Mengen der Nahrung ausgespuckt, und dem Kind geht es dabei gut. Anders bei der Magenpförtnerenge: Die Muskelzüge des Magenausganges (Magenpförtner oder Pylorus) haben sich dabei so sehr verdickt, dass der Magenausgang zusammengedrückt wird. Die Nahrung gelangt nun nicht mehr in den Darm, sondern staut sich im Magen, und zwar so lange, bis der Druck im Magen so hoch wird, dass die Nahrung schwallartig nach oben befördert wird.
Ursachen und Auslöser
Verursacht wird die Erkrankung durch die Verdickung der ringförmigen Muskulatur am Übergang zwischen Magen und Zwölffingerdarm (der "Magenpförtner"), was eine Verengung und Blockade des Durchganges bewirkt.
Die genaue Ursache für die Verdickung ist nicht bekannt, das familiär gehäufte Auftreten lässt eine Beteiligung genetischer Faktoren vermuten.
Selten führen narbige Verwachsungen bei einem Tumor oder Magengeschwür zur Magenpförtnerenge.
Risikofaktoren
Die Magenpförtnerenge betrifft Jungen 5-mal häufiger als Mädchen, zudem ist sie bei Erstgeborenen häufiger als bei den Nachgeborenen. Warum das so ist, ist unbekannt.
"Flaschenkinder". Nicht gestillte Kinder haben ein 4-fach erhöhtes Risiko zu erkranken.
Antibiotika. Haben Säuglinge in den ersten Lebenswochen Antibiotika zur Behandlung bakterieller Infektionskrankheiten (sog. Makrolide) erhalten, ist das Risiko um das 30-Fache erhöht.
Diagnosesicherung
Palpation. Durch Abtasten fühlt der Kinderarzt manchmal den verdickten Pförtner wie eine Olive im Bauchraum.
Ultraschalluntersuchung. Diese Standarduntersuchung zur Diagnose ist zuverlässig und weist den verdickten Pförtner nach.
Röntgen. Anders als beim Ultraschall lässt sich beim Röntgen auch eine evtl. vorliegende gastro-ösophageale Refluxkrankheit nachweisen.
Labordiagnostik. Auch Blutbild, Elektrolyte, Creatinin, Harnstoff, Glukose und Blutgasanalyse liefern Ergebnisse.
Behandlung
Abwarten. Bei einem leichten Verlauf oder noch nicht ganz geklärter Ursache wird zunächst abgewartet. Die "Behandlung" besteht dann darin, den Säugling häufiger und mit kleineren Portionen zu füttern bzw. zu stillen. Evtl. bekommt das Baby ein krampflösendes Arzneimittel (Spasmolytikum), das eine Entspannung der Muskulatur bewirkt.
Operation. Ist die Diagnose gesichert, wird meist noch am selben oder am darauf folgenden Tag operiert. Denn nur durch eine kleine Operation lässt sich die Engstelle rasch und komplikationsarm beseitigen. Bei diesem Eingriff wird der Pförtner in Längsrichtung eingeschnitten (lat. Pylorotomie), sodass sein Durchmesser aufweitet. Die Pylorotomie wird heute auch minimalinvasiv (laparoskopisch) durchgeführt.
Prognose
Die Magenpförtnerenge wie auch Pylorotomie bergen kein Sterblichkeitsrisiko.
Ihr Apotheker empfiehlt
Was Sie als Eltern tun können
Nach der Operation erholt sich der Säugling in der Regel schnell. Dennoch sollten Sie in den ersten Tagen nach der Operation die gefütterten Nahrungsmengen erst allmählich steigern. Nimmt der Säugling an Gewicht zu und ist sein Zustand gut, reicht eine Kontrolle beim Kinderarzt nach 1–2 Wochen aus.
Nabelkolik
Nabelkolik (funktionelle Bauchschmerzen): Wiederkehrende Bauchschmerzen in der Nabelgegend ohne fassbare Ursache.
An Nabelkoliken leiden vor allem Kinder im späten Kindergarten- und Grundschulalter; Mädchen sind häufiger betroffen als Jungen. Bei den 3- bis 10-Jährigen sind Nabelkoliken die häufigsten Ursachen von Schmerzen; die betroffenen Kinder haben mind. 8 Wochen lang mind. einmal wöchentlich Bauchschmerzen.
Symptome und Leitbeschwerden
- Wiederholte, plötzlich auftretende, oft heftige Bauchschmerzen in der Nabelgegend, oft nur Minuten bis 1 Stunde dauernd. Zwischen den Bauchschmerzanfällen ist das Kind gesund und beschwerdefrei
- Schmerzen bestehen länger als 2 Monate und treten häufiger als einmal pro Woche auf
- Schmerzen sind nur um den Nabel herum und strahlen nicht aus
- Häufige Begleiterscheinungen sind z. B. Blässe, Schweißausbruch oder Kopfschmerzen.
Wann zum Kinderarzt
In den nächsten Tagen, wenn
- Ihr Kind in letzter Zeit mehrfach die genannten Beschwerden hatte.
Heute noch, wenn
- die Bauchschmerzen nicht nachlassen.
- Ihr Kind mehrfach erbricht.
Sofort, wenn
- Bauchschmerzen, die in der Nabelgegend angefangen haben, in den rechten Unterbauch gewandert sind; in diesem Fall besteht Verdacht auf eine Blinddarmentzündung.
- der Bauch Ihres Kindes zunehmend hart wird, oder das Kind apathisch (teilnahmslos) wird.
Die Erkrankung
So häufig Nabelkoliken sind, so wenig haben die Ärzte sie bisher verstanden. Offenbar neigen manche Kinder dazu, auf Stresssituationen jeglicher Art mit einer Verkrampfung des Darmes zu reagieren - egal, ob es der unangenehme "Termin" beim Zahnarzt ist oder ein herbeigesehntes Ereignis wie ein Kindergeburtstag.
Ursachen
Als Ursache der Nabelkolik werden in erster Linie Motilitätsstörungen des Magens vermutet. Unter Motilität versteht man das rhythmische Zusammenziehen und Entspannen der Muskeln in Magen und Darm, damit die Nahrung weitertransportiert wird. Motilitätsstörungen führen zu einer verzögerten Magenentleerung oder zu einer unzureichenden Entspannung des Magen-Darm-Traktes nach dem Essen.
Ebenso verursacht eine zu rasche Magenentleerung in Verbindung mit einer langsamen Transitzeit durch den Darm Bauchschmerzen. Die Darmtransitzeit misst, wie lange es dauert, bis das Essen den Verdauungstrakt passiert hat.
Diagnosesicherung
Bauchschmerzen sind sowohl ein Indiz für lebensbedrohliche Erkrankungen, aber auch für harmlose Beschwerden oder bei kleineren Kindern die schlichte Wahrnehmung, dass sich im Darm etwas tut und bewegt. Aus diesem Grund untersucht der Arzt das Kind, um andere Ursachen der Bauchschmerzen auszuschließen, z. B. eine Verstopfung, eine beginnende Magen-Darm-Infektion oder eine Blinddarmentzündung.
Der Untersuchungsbefund bei einer Nabelkolik ist normal: Der Bauch des Kindes ist weich, ein eindeutig lokalisierbarer Druckschmerz ist nicht vorhanden, das Kind hat kein Fieber und bewegt sich ohne Schmerzen. Das Abhören des Bauches zeigt, dass der Darm normal arbeitet. Nur in Ausnahmefällen sind weitergehende Untersuchungen, z. B. ein Ultraschall, nötig. Nabelkoliken sind immer eine Ausschlussdiagnose, das heißt: Liegen gleichzeitig andere Magen-Darm-Beschwerden vor (z. B. Verstopfung oder Durchfall), so spricht das eher für andere Ursachen (z. B. chronische Verstopfung oder eine Magen-Darm-Infektion). Auch nächtliche Bauchschmerzen (also ein schmerzbedingtes Aufwachen aus dem Schlaf) oder schlechtes Gedeihen schließen eine Nabelkolik aus, sie haben immer andere Ursachen.
Ärztliche Behandlung
Für Medikamente besteht bei Nabelkoliken nur in Ausnahmefällen eine Notwendigkeit.
Stattdessen steht die psychologische Unterstützung der Kinder und Jugendlichen sowie der Familienangehörigen im Vordergrund. In schwierigen und langwierigen Fällen ist eine psychotherapeutische Behandlung in Form von Schmerzbewältigungsprogrammen zu erwägen.
Prognose
Bei den meisten Kindern "verwachsen" sich die Bauchschmerzen wieder. Einige klagen jedoch auch noch oder wieder im Erwachsenenalter über Bauchschmerzen, für die keine fassbare Ursache gefunden werden kann. Eine häufige Diagnose bei Erwachsenen ist dann der "Reizdarm".
Ihr Apotheker empfiehlt
Was Sie als Eltern tun können
Abwarten. Nabelkoliken entstehen wahrscheinlich aus dem Zusammenspiel von Stress auslösenden Situationen und der – möglicherweise anlagebedingten – Bereitschaft, auf solche Situationen mit Bauchbeschwerden zu reagieren. Entsprechend besteht die Behandlung in erster Linie aus dem geduldigen Abwarten, das durch eine ruhige Umgebung erleichtert wird.
Bauchmassage. Eine sanfte Massage des Bauches (Hände vorher anwärmen) ist eine gute Möglichkeit, die unangenehmen Gefühle aus dem Bauchraum in den Griff zu bekommen. Dabei werden nicht nur die Schmerzen "bearbeitet", sondern es entsteht zudem eine positive psychische Wirkung durch Nähe und Berührungen von Mutter oder Vater.
Wärme. Eine Wärmflasche, ein warmes Kirschkernkissen oder feuchtwarme Bauchwickel sorgen für Erleichterung.
Imaginäre Reise. Eine Studie hat gezeigt, dass kindliche Bauchschmerzen durch das Anhören von CDs mit einfachen Meditationstechniken wie dem imaginären Reisen gelindert werden. Dabei wird die Vorstellungskraft der Kinder angeregt, indem ihnen angenehme Bilder beschrieben werden. Dasselbe leisten Entspannungstechniken und Verhaltenstherapien, allerdings ist deren Anwendung meist kostspielig und zeitaufwendig. Das Anhören einer CD ist dagegen leicht durchführbar.
Schmerzmittel. Schmerzmittel sind für Kinder keine Lösung, zudem sie erst nach etwa 20 Minuten wirken – und dann sind die Koliken meist schon vorbei.
Entspannung. Ältere Kinder ab 8 oder 10 Jahren profitieren nachweislich von Übungen zum Stressabbau wie Kinderyoga oder Autogenes Training.
Diät. Probiotika (Milchsäurebakterien) scheinen die Beschwerden zu lindern.
Komplementärmedizin
Kamille und Fenchel. Die wirkungsvollsten Heilpflanzen bei Nabelkoliken sind die Kamille und der Fenchel. Kamille wirkt entkrampfend und beruhigend und hilft auch als Tee. Bei einer Bauchmassage können Kamillen- oder Fenchelöl einmassiert werden, auch für den Bauchwickel ist die Kamille ein bewährter Zusatz.
Leinsamen. Die Samen des Flachses gelten als beruhigend und wohltuend für den Bauch. Für einen Leinsamenwickel wird 1 Tasse voll Leinsamen in einen Topf gegeben, mit Wasser bedeckt und aufgekocht. Anschließend wird der warme Brei mittig auf ein Küchentuch handtellergroß verteilt, die Ränder des Tuches umgeschlagen und der fertige Umschlag für 2–3 Stunden auf die schmerzende Stelle gelegt – so lange, bis die Masse erkaltet ist.
Homöopathie. Als homöopathisches Mittel ist Chamomilla D6 – echte Kamille – einen Versuch wert.
Rachitis
Rachitis (Knochenerweichung, Englische Krankheit): Knochenerkrankung im Kindesalter infolge einer Mineralisationsstörung, durch die der Knochen weich und verformbar wird. Meistens geht die Erkrankung auf einen Vitamin-D-Mangel zurück. Bei Säuglingen zeigt sich eine Rachitis durch Unruhe, Muskelschwäche und Krämpfe. Ältere Kinder entwickeln vor allem Wachstumsstörungen, Knochenverbiegungen wie z. B. O- oder X-Beine und Gehstörungen. Behandelt wird die Rachitis mit Vitamin D und Kalzium. Bei Fehlstellungen sind manchmal orthopädische Hilfsmittel oder korrigierende Operationen erforderlich.
Hinweis: Die Knochenerweichung bei Erwachsenen wird Osteomalazie genannt. Näheres dazu siehe dort.
Symptome und Leitbeschwerden
Säuglinge:
- Unruhe, Schreckhaftigkeit
- vermehrtes Schwitzen, vor allem am Hinterkopf
- schlaffe Muskulatur, eingeschränkte Bewegungen
- Muskelkrämpfe, epileptische Anfälle.
Kinder:
- Müdigkeit, Schwäche
- Muskelschwäche
- Wachstumsstörungen
- X- oder O-Beine, Watschelgang durch Verbiegung des Oberschenkelhalses
- verformte Rippen, verformte Wirbelsäule
- Knochenschmerzen.
Wann in die Arztpraxis
In den nächsten Tagen, wenn
- oben genannte Auffälligkeiten auftreten.
Hinweis: Bei epileptischen Anfällen den Notdienst rufen!
Die Erkrankung
Krankheitsentstehung
Der kindliche Knochen ist noch nicht voll ausgebildet und befindet sich bis zur Pubertät im Wachstum. Knochen setzen sich zusammen aus Knochenzellen und Knochengewebe, das von den Knochenzellen gebildet wird. Damit das Knochengewebe fest und stabil wird, müssen u. a. Kalzium und Phosphat eingelagert werden. Dieser Prozess wird Mineralisation genannt und von Hormonen gesteuert.
Eine entscheidende Rolle spielt dabei Vitamin D. Das wird entweder unter dem Einfluss von Sonnenstrahlung, also UV-Licht, in der Haut gebildet oder über die Nahrung aufgenommen. Damit es wirkt, durchläuft es im Körper noch verschiedene Aktivierungsprozesse. Vitamin D fördert die Mineralisation auf zwei Arten:
- Es steigert die Aufnahme von Kalzium und Phosphat aus dem Darm, sorgt also dafür, dass mehr Vitamin D aus der Nahrung im Körper ankommt.
- Es regt den Einbau von Kalzium und Phosphat in das Knochengewebe an.
Bei einem Mangel an Vitamin D wird das neu gebildete Knochengewebe nicht ausreichend mineralisiert. Der Knochen bleibt weich und kann sich verformen. Der geschwächte Knochen bricht auch leichter, vor allem in Belastungszonen wie am Becken oder am Schienbein (sog. Ermüdungsbrüche).
Zur Knochenerweichung kann es aber auch unabhängig von Vitamin D kommen. Das ist z. B. bei einem extremen Kalziummangel der Fall oder wenn Phosphat fehlt.
Ursachen
Die häufigste Ursache für eine Rachitis ist ein Vitamin-D-Mangel oder eine Störung der Aktivierungsprozesse des Vitamins, ausgelöst durch
- ungenügende Sonneneinstrahlung (z. B. klimatisch bedingt, durch verhüllende Kleidung oder überwiegendem Aufenthalt in Innenräumen, verstärkt bei dunkler Hautfarbe)
- zu geringe Aufnahme über die Nahrung (vegane Ernährung)
- Dünndarmerkrankungen, bei denen über die erkrankte Darmschleimhaut kein Vitamin D3 aufgenommen werden kann
- Leber- und Nierenerkrankungen, wodurch die Aktivierung des Vitamins zu Calcidiol oder Calcitriol gestört wird.
Ein Mangel an Phosphat kann die nötige Mineralisierung des Knochens ebenfalls verhindern. Dafür gibt es verschiedene Ursachen:
- Zu geringe Phosphataufnahme durch die Ernährung, z. B. bei chronischem Hungern oder Malabsorptionsstörungen des Darms wie Zöliakie oder Morbus Crohn
- Verstärkter Phosphatverlust über die Niere. Dies kommt z. B. bei Nierenerkrankungen oder im Rahmen genetisch vererbter Störungen des Phosphatstoffwechsels vor. Die häufigste davon ist die hypophosphatämische Rachitis.
Eine weitere Ursache für die Rachitis ist ein ausgeprägter Kalziummangel, z. B. ernährungsbedingt oder aufgrund von Nierenerkrankungen.
Vorkommen
Seit Einführung der Vitamin-D-Prophylaxe für Säuglinge ist die Rachitis in Deutschland insgesamt selten geworden. Geschätzt werden etwa 400 Fälle pro Jahr. Betroffen sind dabei meist Kinder dunklerer Hautfarbe und mit Migrationshintergrund. Sie leiden aus zwei Gründen häufiger unter einem Vitamin-D-Mangel als deutschstämmige Kinder: Dunkle Haut benötigt mehr Sonnenlicht, um Vitamin D zu bilden – deutsche Wetterverhältnisse reichen dafür oft nicht aus. Zudem tragen manche der zugewanderten Mädchen aufgrund kultureller Traditionen stark verhüllende Kleidung und halten sich wenig im Freien auf, was die Bestrahlung der Haut zusätzlich reduziert.
Klinik und Verlauf
Bei Säuglingen macht sich die Rachitis durch Unruhe und Schreckhaftigkeit bemerkbar. Die Kinder haben einen schlaffen Muskeltonus und bewegen sich weniger als gesunde Kinder. Oft schwitzen sie vermehrt, vor allem am Hinterkopf.
Im weiteren Verlauf drohen folgende Beschwerden:
Knochendeformitäten. Wenn Kleinkinder mit dem Krabbeln und Laufen beginnen und der Knochen zu weich ist, können sich die Last tragenden Knochen verbiegen. Eine typische Folge davon sind O- oder X-Beine. Durch Verformung des Oberschenkelhalses entwickelt sich oft eine Art Watschelgang. Weitere Knochendeformitäten zeigen sich an den Knorpel-Knochen-Grenzen. Dadurch sind Knöchel, Handgelenke und Knie oft verdickt und die Enden der Rippen aufgetriebenen (sog. rachitischer Rosenkranz). Die weichen und geschwächten Knochen verbiegen sich aber nicht nur, sie brechen auch leichter als gesunde Knochen.
Wachstumsstörungen. Durch das gestörte Knochenwachstum sind die Kinder oft kleiner als ihre gesunden Altersgenoss*innen.
Zahnprobleme. Der Mangel an Vitamin D und Kalzium stört die Zahnentwicklung. Oft ist der Zahnschmelz defekt und die Betroffenen haben Karies und Löcher in den Zähnen.
Knochenschmerzen. Ältere Kinder leiden häufig unter Knochenschmerzen, vor allem, wenn Druck auf die Knochen ausgeübt wird. Die Knochenschmerzen schränken die Bewegungsfreude zusätzlich ein.
Muskelschwäche. Durch den Kalziummangel im Blut kann es zu einer verminderten Muskelspannung und Muskelschwäche kommen. Manche Kinder haben Probleme beim Aufstehen aus dem Sitzen, anderen fällt das Gehen schwer. Insgesamt sind die Kinder körperlich meist weniger aktiv als ihre gesunden Spielgefährten. Die typischen Meilensteine der Entwicklung (Sitzen, Gehen, Springen) werden deutlich später erreicht.
Muskelkrämpfe. Der ausgeprägte Kalziummangel im Blut macht außerdem Nerven (Tetanie) und Muskeln übererregbar. Dabei drohen Muskelkrämpfe an Händen und Füßen und Missempfindungen.
Infektanfälligkeit. Vitamin D ist wichtig für ein funktionierendes Immunsystem. Kinder mit Rachitis sind deshalb bei einem Vitamin-D-Mangel anfälliger für Infekte.
Kinder mit einer hypophosphatämischen Rachitis leiden überwiegend unter Knochenverformungen, schlechtem Knochenwachstum mit Kleinwuchs sowie Gelenk- und Knochenschmerzen. Da sie keinen Vitamin-D- bzw. Kalziummangel aufweisen, kommt es bei ihnen allerdings nicht zu Krampfanfällen oder Tetanien.
Komplikationen
Starker Kalziummangel im Blut begünstigt die Entwicklung epileptischer Anfälle. Diese können auch schon bei betroffenen Säuglingen auftreten.
Eine ausgeprägte Verformung der Rippen und des Brustkorbs kann die Atmung behindern und eine Lungenfunktionsstörung auslösen.
Diagnosesicherung
Beim Verdacht auf eine Rachitis wird das Kind zunächst gründlich untersucht. Oft sind die typischen Symptome wie der abgeflachte Hinterkopf oder X- oder O-Beine auf einen Blick zu erkennen. Säuglinge haben häufig einen durch die schlaffe Bauchmuskulatur verursachten "Froschbauch". Die Ärzt*in prüft zudem die motorischen Fähigkeiten des Kindes. Informationen über Auffälligkeiten der Entwicklung sind in der Regel im gelben Untersuchungsheft (U-Heft) dokumentiert.
Die Eltern des Kindes werden außerdem zu den Ernährungsgewohnheiten und zur Vitamin-D-Prophylaxe befragt. Auch die Lebensgewohnheiten zur Einschätzung der Situation sind wichtig, z. B. ob das Kind viel draußen spielt oder die meiste Zeit des Tages im Haus verbringt.
Laboruntersuchungen
Gesichert wird die Diagnose durch Blutuntersuchungen und Röntgenaufnahmen. Bei der Vitamin-D-Mangel-Rachitis ist im Blut das Vitamin D stark erniedrigt (gemessen als 25-Hydroxyvitamin D) und das Knochenenzym Alkalische Phosphatase (AP) stark erhöht. Ebenfalls erhöht ist der Spiegel des Parathormons (PTH). Die Kalzium- und Phosphatwerte können im frühen Stadium noch normal sein, sinken aber im Verlauf meist ab.
Bei der seltenen hypophosphatämischen Rachitis ist der Phosphatwert im Blut erniedrigt und die alkalische Phosphatase mäßig erhöht. Kalzium, Vitamin D und Parathormon liegen im Normbereich. Im Urin lassen sich hohe Phosphatwerte nachweisen, bedingt durch die vermehrte Ausscheidung.
Radiologische Diagnostik
Zum Nachweis und zur Beurteilung des Schweregrads einer Rachitis dienen Röntgenbilder. Darin kann man z. B. unregelmäßige Knochenkonturen, verbreiterte Gelenkspalten, verdichtete Knochen-Knorpel-Grenzen oder verformte Knochen gut erkennen.
Differenzialdiagnose. Ein verbogener Unterschenkel ist auch das Zeichen einer angeborenen Unterschenkelpseudarthrose.
Behandlung
Konservative Behandlung
Behandelt wird die Vitamin-D-Mangel-Rachitis mit der (altersangepassten) Gabe von hoch dosiertem Vitamin D3 und Kalzium. In der Regel normalisieren sich die Blutwerte innerhalb von sechs bis zwölf Wochen. Auch Knochendeformationen bilden sich meist wieder zurück. Bis zur Begradigung der Beinachsen (der X- oder O-Beine) kann es allerdings zwei bis drei Jahre dauern.
Säuglinge erhalten nach der zwölfwöchigen Therapie bis zum Ende des ersten Lebensjahres die übliche Vitamin-D-Prophylaxe. Bei Kleinkindern und Jugendlichen muss nach der Vitamin-D-Therapie eine ausreichende Sonnenexposition und eine Kalziumzufuhr gewährleistet sein. Ist dies nicht der Fall, benötigen auch sie eine ärztlich verordnete Vitamin-D-Prophylaxe.
Leidet das Kind unter einer hypophosphatämischen Rachitis, bekommt es zusätzlich Phosphat als Lösung zum Trinken oder als Tabletten. In manchen Fällen wird die Erkrankung auch mit dem Antikörper Burosumab therapiert.
Operativ
In seltenen Fällen müssen orthopädische Chirurg*innen die Beinfehlstellungen mit einer Operation korrigieren. Im Rahmen einer Osteotomie wird dabei z. B. ein verbogener Knochen operativ durchtrennt, neu ausgerichtet und mit Platten oder Schrauben in korrekter Lage seiner Achse fixiert.
Prognose
Die früh entdeckte und behandelte Rachitis hat eine gute Prognose. Blutwerte und leichte Knochendeformitäten normalisieren sich innerhalb weniger Wochen. Auch Fehlstellungen der Beine bilden sich unter einer Therapie mit Vitamin D und Kalzium meist von selbst wieder zurück – hierbei ist allerdings Geduld gefragt.
Ihre Apotheke empfiehlt
Was Sie selbst tun können
Sonnenlicht. Für die körpereigene Vitamin-D-Bildung ist Sonnenlicht unverzichtbar. Wieviel Zeit man in der Sonne verbringen soll, hängt vom Hauttyp und der Sonneneinstrahlung ab. Zur Vitamin-D-Bildung reichen für hellhäutige Kinder meist wenige Minuten täglich. Die individuelle Beratung durch die Kinderärzt*in hilft dabei, die für das jeweilige Kind richtige Sonnendosis zwischen zu wenig und zu viel zu finden.
Ernährung. Wichtig zur Behandlung und Vorbeugung einer Rachitis ist die Ernährung. Es sollen vermehrt Lebensmittel verzehrt werden, die reich an Vitamin D und Kalzium sind. Dazu gehören öliger Fisch, Getreideprodukte, Haferflocken, Eier, grünes Blattgemüse und Milchprodukte.
Vitamin-D-Prophylaxe. Vitamin-D-Mengen werden in Mikrogramm (µg) oder in Internationalen Einheiten (I.E.) angegeben: 1 µg D3 = 40 I.E. Säuglinge erhalten im ersten Lebensjahr zur Vorbeugung einer Rachitis eine Prophylaxe mit 500 I.E. Vitamin D3 pro Tag. Eine ausreichende Kalziumzufuhr muss dabei ebenfalls gewährleistet sein. Auch Risikogruppen benötigen eine Prophylaxe. Dazu gehören Kinder mit dunkler Hautfarbe. Wie hoch die erforderliche Dosierung des Vitamin D sein muss, rät in diesen Fällen die Kinderärzt*in.
Hinweis: Die gesamte Menge an aufgenommenem Vitamin D (Nahrung und Tabletten) sollte bei Kindern bis 10 Jahren 50 Mikrogramm nicht überschreiten. Eine Überdosierung kann zu Nierensteinen und Nierenverkalkung führen.
Weiterführende Informationen
Die aktuellen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zu Vitamin D finden sich auf deren Webseite unter https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/vitamin-d/
Refluxkrankheit bei Babys
Refluxkrankheit (gastro-ösophageale Refluxkrankheit): Zurückfließen von Speisebrei aus dem Magen in die Speiseröhre.
Bei Säuglingen ist ein gastro-ösophagealer Reflux sehr häufig und oft schon als normal anzusehen – nicht umsonst gehört das "Spucktuch" zur normalen Babyausstattung. Die Erkrankung verschwindet in über 90 % der Fälle bis zum 1. Geburtstag von selbst. Bei älteren Kindern ist sie seltener, dann aber von Beschwerden und Krankheitszeichen gekennzeichnet.
Refluxkrankheit bei Erwachsenen: siehe gastroösophageale Refluxkrankheit.
Symptome und Leitbeschwerden
Säuglinge:
- Nach dem Füttern Aufstoßen oder "Speien", manchmal auch richtiges schwallartiges Erbrechen
- Schwierigkeiten bei der Nahrungszufuhr in Verbindung mit Schluckbeschwerden
- Schreiattacken ohne erkennbare Ursache und kolikartige Schmerzen
- Evtl. Unruhe, Zeichen des Unwohlseins, v. a. nach dem Füttern
- Evtl. Husten, v. a. in der Nacht
- Evtl. krampfartiges Überstrecken (Zurückbeugen) von Kopf und Oberkörper beim oder nach dem Füttern
- Evtl. unzureichende Gewichtszunahme und Gedeihstörung.
Ältere Kinder:
- Saures Aufstoßen, Sodbrennen
- Erbrechen
- Schmerzen hinter dem Brustbein und im Oberbauch.
Wann zum Kinderarzt
In den nächsten Tagen, wenn
- Ihr Baby nach dem Füttern stark spuckt und nicht ausreichend an Gewicht zunimmt.
- Ihr Baby auffällig viel hustet.
- Ihr älteres Kind häufig Sodbrennen hat.
Heute noch, wenn
- blutige oder bräunliche Fädchen in der herausgelaufenen Milch zu sehen sind.
- Ihr Baby zusätzlich zu den Refluxbeschwerden Fieber hat.
- Ihr Baby nach jeder Mahlzeit "im Schwall" (d. h. in hohem Bogen) erbricht und allmählich apathisch wird.
Die Erkrankung
Ursachen
Wie beim Erwachsenen (Refluxkrankheit des Erwachsenen) wirkt auch bei Kindern der Mageneingang zusammen mit dem Zwerchfell wie ein Ventil: Es kann zwar Speise aus der Speiseröhre in den Magen gelangen, aber kaum zurück. Dieser schützende Ventilmechanismus ist bei verschiedenen Erkrankungen gestört, z. B. bei einem Zwerchfellbruch (Hiatushernie) mit Verlagerung des Magens in den Brustraum.
In vielen Fällen allerdings wird bei Kindern gar keine sichere Ursache gefunden: Die Kinder sind ansonsten gesund und auch anatomisch ist alles normal angelegt. In manchen Fällen verträgt das Kind auch eine bestimmte Speise nicht, in der Regel handelt es sich hier um fettreiche oder süße Speisen. Auch eine Kuhmilch-Protein-Allergie sollte als Ursache für eine Refluxerkrankung in Betracht gezogen werden.
Der Arzt unterscheidet zwei Arten und Ursachen bei Refluxkrankheiten:
- Funktioneller Reflux: Gerade bei Säuglingen entspannt sich bisweilen das Muskelband, das den Mageneingang verschließt (innerer Schließmuskel oder Ösophagussphinkter genannt), für ein paar Senkungen, woraufhin Mageninhalt zurückfließt. Aber auch die Anatomie von Säuglingen begünstigt einen funktionellen Reflex, da oft der "Knick" zwischen Speiseröhre und Magen noch nicht ausgeprägt ist, sodass die Milch relativ leicht zurückläuft. Mit zunehmendem Alter verschwindet das Problem zumeist.
- Sekundärer Reflux: Bei dieser seltenen Refluxursache führt eine neurologische Erkrankung zum Rückfluss zwischen Magen und Speiseröhre.
Klinik
Da die Speiseröhrenschleimhaut im Gegensatz zur Magenschleimhaut nicht für den sauren Mageninhalt "gebaut" ist, entzündet sie sich bei ständig wiederkehrendem Kontakt mit dem stark säurehaltigen Mageninhalt. Sodbrennen, Schmerzen, aber auch schleichende Blutverluste und spätere Geschwüre oder gar Vernarbungen sind mögliche Langzeitfolgen.
Risikofaktoren
Besonders häufig betroffen sind ehemalige Frühgeborene und Kinder mit neurologischen Erkrankungen. Auch bei einer allgemeinen Muskelerschlaffung (Hypotonie), die bei vielen neurologischen Störungen oder infolge eines Sauerstoffmangels bei der Geburt oder anderen Entwicklungsverzögerungen auftritt, ist die Abdichtung zwischen Speiseröhre und Magen oft gestört.
Komplikationen
Wenn Babys immer wieder Milch verlieren, kommen sie mit dem Trinken nicht mehr nach und nehmen nur unzureichend an Gewicht zu.
Blutarmut. Bisweilen ist die Entzündung so stark, dass wegen der beständigen Sickerblutungen eine chronische Blutarmut (Anämie) entsteht.
Lungenentzündung. Selten gelangt bei einer Refluxkrankheit auch ein Teil des Speisebreis in die Bronchien (Aspiration); dies geschieht besonders bei Kindern mit neurologischen Problemen, z. B. einer Zerebralparese. Die betroffenen Kinder husten viel und es kommt zu wiederkehrenden Aspirationspneumonien, dies sind besonders risikoreiche Lungenentzündungen (Pneumonien).
Asthma. Gelangt saurer Speisebrei in den Kehlkopf, verengen sich über Reflexe die Bronchien, sodass es in einigen Fällen auch zu Asthma kommen kann.
Atempausen. Gefährlich wird der Reflux bei Früh- und Neugeborenen vor allem dadurch, dass der Speisebrei im Schlaf in die Luftwege gerät. Die Bronchien verengen sich, der Säugling hält eine Zeitlang die Luft an. Die Folge sind teilweise schwerwiegende Atemaussetzer (Apnoen).
Mittelohrentzündung. Auch das Risiko für Mittelohrentzündungen (Otitis media) ist erhöht, wenn zurückfließender Magensaft über die Eustachische Röhre ins Mittelohr gelangt. Die Eustachische Röhre sorgt als Verbindungskanal zwischen Nasenrachen und Mittelohr für ein belüftetes Mittelohr, kommt es hier zu Belüftungsstörungen, werden Mittelohrentzündungen begünstigt.
Diagnosesicherung
Falls ein Baby trotz des häufigen Spuckens gedeiht, also regelmäßig Gewicht zulegt und keine sonstigen Krankheitszeichen zeigt, sind weder technische Untersuchungen noch eine spezielle Behandlung erforderlich. Denn häufiges Spucken ist im 1. Lebensjahr ziemlich normal.
Bei stärkeren Beschwerden sind jedoch eine genaue Diagnose und eine Therapie notwendig.
24-Stunden-pH-Metrie. Da der pH-Gehalt im zurückfließenden Mageninhalt sauer ist, lässt sich ein Reflux durch spezielle Sonden nachweisen, die von Mund oder Nase in die Speiseröhre vorgeschoben werden und dort bis zu 24 Stunden verbleiben.
Bildgebende Diagnostik. Spezielle Ultraschall-, Röntgen- oder Isotopenuntersuchungen stellen außerdem die Lage des Magens und die Geschwindigkeit der Magenentleerung dar.
Speiseröhrenspiegelung (Ösophagoskopie). Bei Verdacht auf eine ausgedehntere Speiseröhrenentzündung (Refluxösophagitis) ist eine Spiegelung der Speiseröhre mit einem Endoskop erforderlich.
Behandlung
Pharmakotherapie
Zur Unterdrückung der Magensäure werden Kindern oft Medikamente verabreicht, die die Salzsäurebildung im Magen unterdrücken (Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol).
Diese teilweise auch rezeptfrei erhältlichen Medikamente sollten aber nur nach Rücksprache und Verordnung durch den Arzt gegeben werden. Gleiches gilt auch für Medikamente, die die Magenentleerung fördern wie Metoclopramid, die Magensäure "abpuffern" wie Antazia (z. B. Gaviscon®) oder ihre Bildung unterdrücken (z. B. Zantic®, Antra®).
Operative Behandlung
In seltenen Fällen – bei Versagen der medikamentösen Behandlung oder bei Komplikationen – ist eine Operation erforderlich, allerdings werden hierbei nicht wie bei der Therapie mit Medikamenten nur die Symptome behandelt, sondern direkt die Ursache.
Der als Fundoplikatio ("Festnähen" des Magens) genannte chirurgische Eingriff soll verhindern, dass der Mageninhalt in die Speiseröhre zurückfließt. Dabei wird das untere Ende der Speiseröhre mit Teilen des Magens manschettenartig umschlungen. Sobald der Magen gefüllt ist, spannt sich diese "Manschette" um die Speiseröhre an und drückt sie auf diese Weise zu. Die Folge ist, dass kein Mageninhalt mehr in die Speiseröhre fließt. Entleert sich der Magen, lockert sich die Manschette wieder, der Nahrungsbrei fließt wieder normal in den Magen. Für solch eine Operation stehen 2 Techniken zur Verfügung: die offene und die laparoskopische. Bei der offenen Verfahrenstechnik wird ein Schnitt direkt über den Magen gesetzt, wohingegen beim laparoskopischen Verfahren ("Schlüssellochtechnik") der Eingriff über mehrere kleine Zugänge im Bauchraum erfolgt.
Die Aussichten einer dauerhaften Heilung liegen bei beiden Verfahren bei etwa 90 %. Gerade junge Patienten profitieren von der chirurgischen Therapie; außerdem ist die Fundoplikatio bei jungen Patienten kostengünstiger als eine lebenslange medikamentöse Therapie. Allerdings besteht - wie bei jeder Operation - durchaus auch ein Risiko für Komplikationen und sollte deshalb immer überdacht werden.
Prognose
Meist verschwinden die Symptome von allein, sobald die Kinder laufen lernen – die Beschwerden bessern sich dann zusätzlich durch die aufrechte Körperhaltung.
Wichtig ist aber zu erkennen, wenn keine spontane Besserung zu erwarten ist. Dann gilt es, rechtzeitig und beherzt zu behandeln. Geschieht dies, ist auch hier mit einer Heilung zu rechnen.
Ihr Apotheker empfiehlt
Was Sie als Eltern tun können
Kleine Mahlzeiten. Empfohlen werden häufige und kleine Mahlzeiten von max. 120 ml. Vor allem abends sollte nicht zu reichlich und eher früh gegessen werden, damit das Kind nicht "mit vollem Bauch" ins Bett geht.
Eindicken der Nahrung. Bekommt Ihr Kind Flaschennahrung, wird diese mit Reisschleimflocken oder Nestargel® eingedickt, dies vermindert das "Zurückschwappen" des Speisebreis. Der Zusatz von Johannisbrotkernmehl oder Maisstärke hilft zusätzlich, die kalorische Dichte der Nahrung zu erhöhen, sodass das Baby gedeiht.
Aufrechte Position nach Nahrungsaufnahme. Babys werden nach der Mahlzeit am besten noch etwa 15–30 Minuten aufrecht auf dem Arm gehalten, bevor sie abgelegt werden. Auch für Kinder ist eine leichte Oberkörperhochlagerung gut; denn diese hält die Nahrung eher im Magen.
Schlafposition. Zum Schlafen legt man ein Kissen unter das Kopfende der Matratze, damit Ihr Kind in leichter Oberkörperhochlagerung liegt (ca. 30°-Winkel). Durch die Schwerkraft wird die Nahrung "unten" gehalten und der Transport des Nahrungsbreis unterstützt. Die früher empfohlene Bauchlage wird heute abgelehnt, da sie das Risiko eines plötzlichen Kindstods erhöht. Am günstigsten für den Verdauungsprozess ist die Rechtsseitenlage.
Hypoallergene Nahrung. Verzichten Sie probeweise z. B. auf Kuhmilch oder andere Proteine, da möglicherweise eine Nahrungsmittelunverträglichkeit die Beschwerden verursacht.
Wickeln. Da eine zu eng sitzende Windel in den ersten Lebensmonaten auch den Druck im Magen erhöht, darf das Kind nicht zu stramm gewickelt werden.
Bewegung. Ältere Kinder sollten sich körperlich ausreichend bewegen, da Sitzen den Druck im Bauchraum erhöht und den Reflux fördert.
Schiefhals
Schiefhals (Torticollis): Fehlstellung des Kopfes, der meist zur betroffenen Seite gebeugt und zur gesunden Seite gedreht wird. Ein Schiefhals kann angeboren sein, z. B. wenn der seitlich am Kopf gelegene Kopfnickermuskel (M. sternocleidomastoideus) verkürzt ist. Tritt der Schiefhals erst später auf, steckt meist eine Muskelverspannung dahinter. Therapiert wird vor allem der angeborene Schiefhals, entweder mit Krankengymnastik oder, wenn unvermeidlich, sogar mit einer Operation.
Symptome und Leitbeschwerden
- Der Kopf wird zu einer Seite geneigt und oft zur anderen Seite gedreht
- Unnatürliche Kopfstellung, die willentlich nicht zu korrigieren ist.
Wann zur Kinderärzt*in
In den nächsten Tagen, wenn
- Ihnen bei Ihrem Baby eine einseitige Kopfhaltung auffällt
- Ihr Kind den Kopf schief hält, ihn gar nicht oder kaum bewegen kann und sich die Beschwerden durch Selbsthilfemaßnahmen (siehe "Was Sie als Eltern tun können") nicht bessern
- sich bei einem akuten Schiefhals unklarer Ursache auch nach 3 Tagen keine Besserung zeigt.
Die Erkrankung
Ursachen und Risikofaktoren
Die Bezeichnung "Schiefhals" ist ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von Erkrankungen, die als gemeinsames Symptom die Schiefstellung des Halses haben. Zu unterscheiden sind zwei Formen:
Angeborener Schiefhals. Häufigste Ursache des angeborenen Schiefhalses ist eine einseitige bindegewebige Verkürzung des seitlich am Hals gelegenen Kopfnickermuskels (Musculus sternocleidomastoideus). Sehr viel seltener liegen einem angeborenen Schiefhals Fehlbildungen der Halswirbelsäule oder anderer Knochen zugrunde (knöcherner Schiefhals). Ein angeborener Schiefhals wird durch ungünstige äußere Faktoren wie wenig Platz in der Gebärmutter oder Verletzungen des Muskels, aber auch durch einen Sauerstoffmangel unter der Geburt begünstigt. Später entwickelt sich häufig auch eine Gesichtsasymmetrie. Auffällig ist, dass die Kinder nicht selten auch eine Hüftdysplasie oder einen Klumpfuß haben.
Erworbener Schiefhals. Der erworbene Schiefhals ist am häufigsten durch Muskelverspannungen bedingt, z. B. erwacht das Kind morgens und kann den Hals nur noch unter Schmerzen bewegen. Sehr seltene Ursachen des erworbenen Schiefhalses sind rheumatische Erkrankungen mit Befall der Halswirbelsäule, Entzündungen im Bereich von Rachen, Ohr oder Hals oder Augenmuskellähmungen (die Kopfschiefhaltung soll hier Doppelbilder vermeiden). Auch Verletzungen der Halswirbelsäule verursachen einen Schiefhals.
Diagnosesicherung
Körperliche Untersuchung. Um zu einer ersten Einschätzung zu gelangen, beurteilt die Ärzt*in den Grad der Drehung und wie stark die Beweglichkeit der Halswirbelsäule eingeschränkt ist. Handelt es sich um einen angeborenen Schiefhals, überprüft sie zudem, ob zusätzlich eine Gesichtsasymmetrie vorliegt. Zudem schließt sie aus, dass andere angeborene Fehlbildungen wie eine Hüftdsyplasie oder eine Skoliose vorliegen.
Palpation. Im Anschluss erfolgt das Abtasten der Halsmuskeln. Lassen sich eine Verdickung oder Knoten spüren, sind muskuläre Ursachen wahrscheinlich. In diesem Fall versucht die Ärzt*in auch zu ertasten, welche Muskelanteile genau betroffen sind.
Röntgen. Manchmal ordnet die Ärzt*in weitere Untersuchungen wie ein Röntgenbild an, um knöcherne Fehlbildungen auszuschließen.
Weiterführende Untersuchungen. Ist die Ursache beim erworbenen Schiefhals unklar, schließen sich weitere Untersuchungen an, meist bei der zuständigen Fachärzt*in. So kann etwa eine Neurolog*in eine Augenmuskellähmung ausschließen oder eine HNO-Ärzt*in eine Ohrentzündung.
Behandlung
Angeborener Schiefhals. Bei einem angeborenen Schiefhals hilft in vielen Fällen konsequente Physiotherapie über mindestens 3 bis 6 Monate. Wie erfolgreich diese ist, hängt davon ab, wieviel funktionstüchtiges Muskelgewebe vorhanden ist. Führt sie nicht zum Erfolg oder verschlimmert sich die Fehlstellung sogar, wird frühestens ab dem 6. Monat operiert. Durchgeführt wird dann eine sogenannte Tenotomie, bei der Sehnen des verkürzten Kopfnickermuskels durchtrennt werden.
Akuter oder erworbener Schiefhals. Die Behandlung ist ursachenabhängig: Muskelverspannungen beispielsweise lösen sich meist nach wenigen Tagen wieder. Während dieser Zeit lindern schmerzstillende und entzündungshemmende Medikamente die Beschwerden. Sind andere Erkrankungen wie Rheuma oder Entzündungen im Kopf-/Halsbereich der Auslöser, müssen diese therapiert werden.
Prognose
Der Schiefhals ist meist harmlos und heilt mit der entsprechenden Behandlung (siehe "Was Sie als Eltern tun können") folgenlos aus. Werden aber keine Gegenmaßnahmen ergriffen, können sich der Schiefhals und auch die Gesichtsasymmetrie weiter verschlechtern.
Ihre Apotheke empfiehlt
Was Sie als Eltern tun können
Physiotherapie. Beim Schiefhals ist es wichtig, zu Hause regelmäßig die verordneten Muskeldehnungsübungen durchzuführen. Motivieren Sie sich, indem Sie sich vor Augen führen, dass Sie Ihrem Kind so möglicherweise eine Operation ersparen.
Anreize bieten. Unterstützt wird die Physiotherapie durch geeignete Raumgestaltung: Stellen Sie das Bettchen so, dass das Kind in seiner Normalhaltung zur Wand schaut, oder hängen Sie das Mobile so auf, dass sich das Kind hierfür drehen muss. Bieten Sie Ihrem Kind möglichst viele Anreize, sich zur "unbeliebten" Seite zu drehen – etwa indem Sie sich dem Kind immer von der "unbeliebten" Seite her nähern.
Wärmeanwendungen. Ist eine Muskelverspannung die Ursache für den Schiefhals, hilft oft Wärme. Gut geeignet sind Wärmflaschen oder erwärmte Kirschkernkissen. Legen Sie zwischen Wärmequelle und Haut ein Tuch, um Verbrennungen zu vermeiden. Das anfänglich mitunter dramatische Bild bessert sich oft innerhalb weniger Stunden.
Komplementärmedizin
Osteopathie. Einige Eltern berichten, dass eine Osteopathiebehandlung bei Babys mit angeborenem Schiefhals gute Erfolge erzielt. Da die Osteopathie in aller Regel gut vertragen wird, spricht nichts dagegen, es auszuprobieren.
Schulprobleme, Lese-Rechtschreib-Schwäche, Rechenstörung
Schulprobleme: Häufig auftretende Probleme in der Schule durch vielfältige Ursachen – von anlagebedingten Behinderungen über Verhaltensprobleme bis hin zu sozialen Problemen wie Mobbing oder Prüfungsangst.
Teilleistungsschwäche: Funktionsschwäche in bestimmten Teilbereichen des Denkens, Fühlens oder Sprechens. Bei stärker ausgeprägten Formen wird von einer Teilleistungsstörung gesprochen.
Teilleistungsstörungen sind z. B. die Lese-Rechtschreib-Schwäche (LSR, Dyslexie, Legasthenie) und die Rechenstörung (Dyskalkulie), eine begrenzte Störung im mathematischen Bereich (siehe unten). In Deutschland sind etwa 3–8 % der Kinder und Erwachsenen von einer Lese-Rechtschreib-Schwäche und fast 5 % von einer Rechenstörung betroffen. Jungen haben häufiger eine Rechtschreibstörung, Mädchen eine Rechenstörung.
Symptome und Leitbeschwerden
Bei Schulproblemen:
- Sich verschlechternde Schulleistungen
- Schlechte Motivation, Schulangst
- Verhaltensauffälligkeiten wie Stören, Verweigerung oder Schulschwänzen als Folge der ständigen Misserfolge, die den Schulerfolg wiederum weiter gefährden
- Psychosomatische Beschwerden, z. B. Bauch- oder Kopfweh.
Bei Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS):
- Auffällig große Diskrepanz zwischen den Lese- und Schreibfertigkeiten eines Kindes und seinen übrigen geistigen und schulischen Fähigkeiten
- Im sprachlichen Bereich vor allem die Verwechslung ähnlich klingender Laute (z. B. d/t) oder ähnlich aussehender Buchstaben (d/b), das Auslassen und "Verdrehen" von Buchstaben ("nud" statt "und"). Das Kind erkennt zudem nicht, wenn das Gelesene keinen Sinn ergibt
- Niedrige Lesegeschwindigkeit, häufiges Stocken, Verlieren der Zeile im Text
- Probleme beim Wiedergeben des Gelesenen
- Hohe Fehlerzahl bei Diktaten und abgeschriebenen Texten, auffallend viele Fehler in Grammatik und Zeichensetzung
- Psychosomatische Beschwerden, z. B. Bauch- oder Kopfweh.
Bei Rechenstörung (Dyskalkulie):
- Probleme beim Benennen und Schreiben von Zahlen
- Schwierigkeiten im grundsätzlichen Verständnis von mathematischer Logik. Rechenschritte bleiben unverständlich oder werden auswendig gelernt
- Abzählen unter Zuhilfenahme von Fingern oder Zählhilfen wie Stifte oder Steine
- Verwechseln der Rechenarten (Addition, Multiplikation etc.)
- Psychosomatische Beschwerden, z. B. Bauch- oder Kopfweh.
Wann zum Kinderarzt
In den nächsten 2 bis 4 Wochen, wenn
- Ihr Kind schlechte Schulleistungen erbringt und weder Sie noch die Lehrkraft wissen, woran es liegt.
Hinweis: Vermuten Sie allerdings, dass Schulprobleme hinter den Problemen stecken, ist der Kinderarzt nur bedingt der richtige Ansprechpartner.
Die Erkrankung
Schulprobleme: Ursachen und Risikofaktoren
Wenn Kinder Probleme in der Schule haben, können viele Gründe dahinterstecken:
- Ein Kind ist den Anforderungen der Schule – oder einer bestimmten Schulform – von seiner geistigen Entwicklung oder Begabung her nicht gewachsen. So beeinträchtigt jede Intelligenzminderung die Abstraktionsfähigkeit, Auffassungsgabe, Konzentrations- und Merkfähigkeit, und dies manchmal so sehr, dass die Kinder in der Regelschule überfordert sind.
- Bei anderen Kindern spielt eine zu hohe Leistungserwartung eine Rolle, wodurch viele Kinder heute die für sie falsche Schulform, insbesondere das Gymnasium, besuchen. Früher oder später zeigen sich Schulprobleme als Ausdruck der chronischen Überforderung und Überlastung.
- Schulprobleme ergeben sich – unabhängig von der Intelligenz oder Reife des Kindes – auch durch psychische Störungen oder Verhaltensprobleme. So sind Kinder mit Angststörungen, Depressionen, AD[H]S, Aggressionsstörungen oder Störungen des Sozialverhaltens beim Lernen schwer eingeschränkt.
- Auch Probleme in der Gruppe äußern sich in Schulproblemen einzelner Schüler. Außenseiter finden in der Gruppe keine positive Verstärkung, und Rollenfestschreibungen innerhalb der Gruppe (z. B. Klassenkasper) erschweren manchen Kindern das Lernen. Schwerwiegende Gruppenprobleme entstehen durch Mobbing, aber auch durch Bevorzugung oder Benachteiligung vonseiten der Lehrer.
- Chronische Krankheiten werden von Eltern gelegentlich vermutet, sind aber eher selten die Ursache von Schulproblemen. Die meisten Kinder, die mit der Schule Probleme haben, sind körperlich gesund. Eine Ausnahme sind Kinder mit Sinnesstörungen, etwa einer bisher unerkannten Seh- oder Hörbehinderung.
- Lebenskrisen, z. B. Scheidung der Eltern, unglückliche Beziehungen in der Pubertät oder heftige Probleme mit einem oder beiden Elternteilen, äußern sich ebenfalls in Schulproblemen.
- Viel häufiger aber sind Kinder mit besonderen Teilleistungsschwächen. Diese Kinder verfügen über alles, was sie für den Erfolg in der Schule benötigen; sind also normal intelligent, erfahren die richtige Förderung durch das Elternhaus und sind – zumindest anfänglich – von ihrer Psyche und ihrem Verhalten her "gut gestimmt"; sie haben aber trotzdem schulische Probleme.
Lese-Rechtschreib-Schwäche: Ursachen und Warnsignale
Bei der Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS, Dyslexie, Legasthenie) besteht eine Störung des Lesens und Schreibens. Als Folge sinken die Noten in fast allen Schulfächern ab, da Lesen und Schreiben praktisch überall gebraucht werden (beispielsweise in der Mathematik bei Textaufgaben).
Ursachen. Die genauen Ursachen sind bis heute unklar, eine ganz entscheidende Rolle spielen sicherlich erbliche Anlagen: Hat ein Kind etwa einen Elternteil oder ein Geschwisterkind mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche, so hat es eine Wahrscheinlichkeit von etwa 40–50 %, selbst davon betroffen zu sein.
Derzeit vermuten Wissenschaftler die Ursache in der Verarbeitung von Tönen und Bildern durch das Gehirn. So haben sie festgestellt, dass die betroffenen Kinder es zum einen nicht schaffen, separat aufeinander folgende Töne zu unterscheiden, zum anderen auch Probleme dabei haben, bewegte Punkte zu beobachten. In leichten Fällen oder bei hoher Intelligenz kaschiert das Kind seine Störung z. B. durch Auswendiglernen oder rasches Kombinieren, sodass die Störung erst im 3. oder gar 4. Grundschuljahr auffällt.
Auch Hirnschädigungen (z. B. nach Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma) verursachen unter Umständen eine Lese-Rechtschreib-Schwäche. Als Folge werden Wörter gelesen, die so nicht dastehen (z. B. "Katze" statt "Hund") – hierbei spricht man von einer Paralexie –, oder sie werden nur mühsam Buchstabe für Buchstabe gelesen.
Warnsignale. Schon bei Kleinkindern gibt es eine Reihe von Warnsignalen, die auf eine spätere Lese-Rechtschreib-Schwäche hindeuten:
- Das Kind hat Schwierigkeiten beim Zuhören.
- Es zeigt kaum Bereitschaft, Wörter nachzusprechen.
- Das Kind nimmt Informationen nur auf, wenn es direkt angesprochen wird.
- Das Kind hat ein schlechtes Gedächtnis für Wochentage, Farben und Namen.
- Das Kind schafft es nicht, sich auch kürzeste Gedichte und Reime zu merken.
Rechenstörung: Ursachen und Warnsignale
Bei der Rechenstörung (Dyskalkulie) fehlen den Kindern das nötige Mengenverständnis und die Zählfertigkeiten, um die Grundrechenarten zu erlernen. Sie verstehen Zahlen nicht als Mengenangaben, sondern als reine Symbole.
Ursachen. Die genauen Ursachen sind immer noch weitgehend unbekannt. Wissenschaftler vermuten eine Kombination unterschiedlicher Faktoren, unter anderem ist eine erbliche Komponente wahrscheinlich. Diskutiert wird auch eine untypische Entwicklung und Aktivität einer bestimmten Gehirnregion, die für das numerische Mengenverständnis entscheidend ist. Häufig fehlt den Kindern auch die Fähigkeit, an Vorläuferwissen und bereits Erlerntem anzuknüpfen.
Warnsignale. Schon bei Kleinkindern finden sich Signale, die auf eine Rechenstörung hinweisen:
- Das Kind hat Probleme, Mengen durch Hinzufügen oder Wegnehmen zu verändern.
- Es schafft es nicht, Mengen und Verhältnisangaben wie "mehr, weniger, kleiner, größer" zuzuordnen.
- Das Kind hat Probleme mit Mengen- und Maßeinheiten (Bauklötze, Geld, Zeit).
- Das Kind hat Schwierigkeiten, die Uhr abzulesen.
Diagnosesicherung
Bei jedem Kind, das trotz guter allgemeiner Bedingungen und ausreichendem Fleiß Schulprobleme hat, prüft der Kinderarzt zunächst das Vorliegen einer Seh- oder Hörstörung sowie einer Intelligenzminderung. Vermutet der Arzt bestimmte Verhaltensprobleme (wie etwa ein AD[H]S), so schließen sich weitere Tests an.
Testung im Kindergarten oder in der Schule. Der Verdacht wird durch einfache und spielerische Testverfahren erhärtet wie durch das Bielefelder Screening zur Früherkennung von Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten. Diese werden immer häufiger auch in Kindergärten, in Kitas oder anderen Gemeinschaftseinrichtungen sowie in der Schule von entsprechend geschulten Mitarbeitern durchgeführt. Leider sind diese Tests nicht zu 100 % zielgenau: Fast jedes 5. Kindergartenkind zeigt auffällige Ergebnisse, aber nur ein Fünftel dieser Kinder entwickelt später tatsächlich eine Lese-Rechtschreib-Schwäche. Eine zuverlässige Diagnose ist aber meist erst am Ende der 2. Klasse möglich.
Auch ein Verdacht auf eine Rechenstörung wird mittels diverser Tests gesichert wie dem informellen Testverfahren "QADRIGA" (Qualitative Diagnostik Rechenschwäche im Grundlagenbereich Arithmetik), das auf der Methode des "lauten Denkens" aufbaut. Das Kind erläutert seine Rechenwege, sodass sich subjektive (falsche oder umständliche) oder begriffslose Lösungswege ermitteln lassen.
Testung durch Kinderpsychologen und -psychiater. Wenn notwendig, wird das Kind auch an einen Spezialisten wie einen Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie überwiesen. Steht die Schuleignung in Zweifel, so sollte das Kind von Psychologen getestet werden, die nicht nur seine Intelligenz, sondern auch seine speziellen Begabungen und Einschränkungen beurteilen.
Behandlung
Wird eine Teilleistungsstörung entdeckt, so helfen langfristig nur spezielle Übungsbehandlungen durch geschulte Pädagogen; die hierbei verwendeten Methoden sind allerdings noch immer umstritten. Die außerhäusliche Hilfe glättet im Idealfall auch die Wogen der durch die Schulprobleme oft schwer strapazierten Kinderseele und hilft der Familie, ihr Kind besser zu verstehen.
Schulische Förderung. Kinder mit LRS und Rechenstörung haben Anspruch auf gezielte schulische Förderung. Diese sollte idealerweise zweimal wöchentlich in Kleingruppen bis maximal 5 Kindern (auf ähnlichem Leistungsniveau!) stattfinden. Wie gut das örtliche Angebot ist, hängt entscheidend von der Schule und vor allem dem Bundesland ab, da die rechtlichen Bedingungen unterschiedlich sind. Selbsthilfegruppen, Schulbehörde und Jugendamt geben entsprechende Auskünfte. Das Jugendamt ist auch deshalb eine gute Anlaufstelle, weil alle Fördermaßnahmen bei Lese-Rechtschreib-Schwäche und Rechenstörung nicht über die Krankenkasse, sondern nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz abgewickelt werden.
Sprachtherapie. In seltenen Fällen beruht die Lese-Rechtschreib-Schwäche auf einer verzögerten Sprachentwicklung, einer ungenauen Aussprache oder anderen Sprachstörungen. Hier hilft oft eine Sprachtherapie.
Üben. Da es sich um eine Art Entwicklungsstörung – begrenzt auf den Sprachbereich – handelt, hilft ein zusätzliches Üben in der Regel nicht weiter. Hier ist es ratsamer, dass die Eltern das Kind stets motivieren und auch ermuntern, am Schulleben weiterhin teilzunehmen.
Prognose
Um helfen zu können, muss für jedes Kind eine Bestandsaufnahme gemacht werden, die zeigt, wo es im "System Lernen" hakt. Werden diese "Haken" nicht beseitigt, droht ein Teufelskreis: Der Spaß und die Leistungen in der Schule werden geringer. Durch die negativen Erfahrungen in der Schule entsteht ein mangelndes Selbstwertgefühl und als Folge treten Verhaltensprobleme auf, die den Spaß und die Leistung in der Schule noch weiter verringern. Durch früh einsetzende Förderung lassen sich Schulprobleme besser meistern, die Lese-Rechtschreibe-Schwäche und Rechenstörung wachsen sich jedoch nicht ganz aus, sondern begleiten das Kind häufig auch noch in seinem Berufsleben.
Ihr Apotheker empfiehlt
Was Sie als Eltern tun können
Der Rückhalt in der Familie ist für Ihr Kind besonders wichtig, denn Sie stellen als Eltern die engsten Bezugspersonen dar.
Aufklärung. Erklären Sie Ihrem Kind den Grund für seine Schwierigkeiten beim Schreiben und Rechnen und nehmen Sie ihm das Gefühl des Versagens, damit es lernt, mit dem Problem auch selbstbewusst(er) umzugehen. Machen Sie deutlich, dass diese Beeinträchtigung nichts mit seiner Intelligenz und seinen Begabungen zu tun hat.
Entlastung. Nehmen Sie den Druck raus, vermeiden Sie Gewissensbisse, überfordern Sie Ihr Kind nicht und lassen Sie das Thema nicht zum Hauptthema in der Familie werden.
Fördern. Vorschulkinder lassen sich mit gezielten Sprach-Spiel-Programmen wirksam in ihrer Sprachentwicklung fördern. Erstaunlicherweise haben sich dabei manche altmodischen "Fördermaßnahmen" auch im Lichte moderner Forschung als zweckmäßig erwiesen: Singen, Klatschen und Reimen machen den Kindern z. B. die Gliederung der Sprache in Silben bewusst. Sie richten ihre Aufmerksamkeit auf die genaue Aussprache und schulen so die phonologische Bewusstheit (d. h. die Fähigkeit, den Klang der Wörter und die einzelnen Laute wahrzunehmen).
Als Eltern verbessern Sie die Bedingungen für das Lernen, indem Sie bei den Hausaufgaben Folgendes beachten:
- Die Hausaufgaben von Anfang an fest in den Tagesablauf integrieren.
- Die Aufgaben zwar nach einer kleinen Erholungspause, aber bald nach der Heimkehr oder dem Mittagessen machen lassen. Das bei vielen Erwachsenen vorhandene Tief zwischen 13 und 15 Uhr ist bei Kindern oft weit weniger ausgeprägt.
- Die Aufgaben sollten an einem ruhigen (möglichst stets gleichen) Ort ohne Ablenkung erledigt werden.
- Lassen Sie Ihr Kind die Hausaufgaben selbstständig erledigen und auch als eigene Angelegenheit verstehen. Das schließt eine Kontrolle natürlich nicht aus.
Weiterführende Informationen
- www.schulpsychologie.de – Umfangreiche Website zu allen Themen rund um das Thema Schulschwierigkeiten. Empfehlenswert.
- www.legasthenie.net – Website des Bundesverbands Legasthenie und Dyskalkulie e. V., Hannover: Mit zahlreichen Tipps und Links.
- P. Küspert: Hören, lauschen, lernen. Vandenhöck & Ruprecht, 2006. Hilfen für LRS-Kinder im Vorschulalter.
- C. Reuter-Liehr: Lautgetreue Lese-Rechtschreib-Förderung. Verlag Dieter Winkler, 2006. Hilfen für LRS-Kinder im Lesealter.
- G. Schulte-Körne: Das Marburger Rechtschreibtraining. Verlag Dieter Winkler, 2007. Hilfen für LRS-Kinder im Schulalter.
Übergewicht und Adipositas bei Kindern
Übergewicht: Zu hohes Körpergewicht im Vergleich zur Körpergröße (über der 90-%-Perzentilenkurve gleichgeschlechtlicher Altersgenossen; das entspricht einem BMI von ≥ 25). Heute sind in Deutschland bereits 18 % der Schulanfänger zu dick, bis zur Pubertät steigt dieser Anteil auf etwa 28 %. Jungen haben ein höheres Risiko, Übergewicht zu entwickeln.
Adipositas (krankhaftes Übergewicht, Fettleibigkeit, Fettsucht): Eine über das normale Maß hinausgehende Vermehrung des Körperfettes (über der 97-%-Perzentilenkurve gleichgeschlechtlicher Altersgenossen; das entspricht einem BMI von ≥ 30). Derzeit sind in Deutschland laut Schätzungen etwa 6 % adipös – und haben über kurz oder lang mit gesundheitlichen Problemen zu rechnen.
Symptome und Leitbeschwerden
Zunächst verursacht Übergewicht keine Beschwerden. Kinder gewöhnen sich an die zusätzlichen Pfunde.
Wann zum Kinderarzt
In den nächsten Wochen, wenn
- Ihnen Ihr Kind zu „mollig“ erscheint oder über den Normalbereich der entsprechenden Wachstumskurven liegt.
In den nächsten Tagen, wenn
- Ihr Kind verhältnismäßig rasch zunimmt und zusätzlich weitere Beschwerden wie Antriebslosigkeit oder Kurzatmigkeit bei Anstrengung bestehen.
Die Erkrankung
Die Entwicklung des Fettkörpers bei Kindern
Kinder starten ihr Leben mit einer Fettmasse von etwa 11 % des Körpergewichts, die sich bis Ende des 1. Jahres auf 25 % erhöht (Babyspeck). Diese Fettzunahme ist genetisch programmiert.
Ebenso programmiert ist die danach folgende Phase der Rückbildung des Fettgewebes, bis ins Alter von etwa 5 ½ Jahren. Am Ende der Kindergartenzeit hat der BMI sein Minimum erreicht – in diesem Alter sollten Kinder schlank sein. Erst mit dem Ende des 6. Lebensjahres steigt die Fettmasse wieder langsam an (sogenannter adiposity rebound) und nimmt dann mit der Pubertät – v. a. bei Mädchen – stark zu.
Ursache
Übergewicht entsteht – auch bei Kindern –, wenn auf Dauer die Energiebilanz positiv ist. Das heißt, das Kind nimmt Tag für Tag im Mittel mehr Energie zu sich, als es verbraucht.
Da reichen kleine Unterschiede: Isst oder trinkt es täglich zusätzliche 100 Kalorien mehr, das sind gerade mal 100 g Joghurt, schlägt sich dieses Zuviel in einem Jahr in zusätzlichen 10 kg Körpergewicht nieder. Aber wodurch entsteht diese positive Energiebilanz?
Risikofaktoren für Übergewicht
Bei den meisten übergewichtigen Kindern kommen wohl verschiedene ungünstige Umstände zusammen, sog. Risikofaktoren. Dazu zählen:
Vererbung. Ein hohes Risiko für Übergewicht haben Kinder, deren Eltern ebenfalls übergewichtig sind. Dabei wirken nicht nur die „Gene“, sondern in der Regel auch soziale Faktoren, die über die Eltern auf das Kind einwirken.
Frühe Prägungen. Zum Teil lässt sich das Übergewicht von Kindern auf frühe Prägungen zurückführen. Schon im Mutterleib werden möglicherweise die ersten Weichen für späteres Übergewicht gestellt:
- So dürfte die vorgeburtliche Programmierung des Stoffwechsels eine Rolle spielen: Im Mutterleib unterversorgte Kinder stellen ihren Stoffwechsel langfristig auf „Sparbetrieb“ um. Aufgrund dieses sparsamen Kalorienverbrauches sind sie im Mutterleib häufiger übergewichtig.
- Ebenso erhöht das mütterliche Rauchen während der Schwangerschaft das spätere Adipositas-Risiko deutlich.
Säuglingsnahrung. Es gibt Hinweise, dass die Fütterung mit Säuglingsmilchnahrungen Übergewicht begünstigt: So ist das Körpergewicht von „Flaschenkindern“ im Vergleich zu gestillten Kindern am Ende des 1. Lebensjahres bis 650 g höher. Das wird dadurch erklärt, dass nicht oder nur teilweise gestillte Kinder im Vergleich zu voll gestillten Kindern 20 % mehr Kalorien zu sich nehmen. Gestillte Kinder haben nicht nur ein insgesamt geringeres Risiko für späteres Übergewicht im Kindesalter, sondern sind auch weniger anfällig für Allergien.
Wie eine US-amerikanische Studie belegt, fördert jedoch nicht jede Säuglingsnahrung das Dicksein. Gewichtsprobleme hängen vielmehr davon ab, ob die Babys Nahrung aus getrockneter Kuhmilch erhalten oder aus Hydrolysaten, d. h. aus zerkleinerten Eiweißen. Hydrolysatmilch bekommen vor allem Säuglinge mit einer Milchzuckerunverträglichkeit gefüttert. Sie eignet sich aber auch für alle anderen Babys, da sie einer übermäßigen Gewichtszunahme und damit Übergewicht vorbeugt. Der Grund: Der Darm verwertet Hydrolysate besser als Kuhmilcheiweiße und sorgt so für ein frühzeitigeres Sättigungsgefühl. Dadurch nahmen in der Studie die Säuglinge, die mit Hydrolysatmilch gefüttert wurden, auch viel langsamer zu als die mit Kuhmilch gefütterten Babys.
Bewegungsmangel. Der zunehmende Bewegungsmangel bei Kindern schlägt sich in Fitnessuntersuchungen deutlich nieder: Konnten 1995 Berliner Schülerinnen mit 11 Jahren durchschnittlich noch 3,10 m weit springen, so waren es 4 Jahre später nur noch 2,78 m. Die Jungen stehen nicht nach: 10-Jährige, die 1970 im Schnitt bei einem 6-Minuten-Sprint noch 1150 m weit kamen, schaffen es heute nicht einmal mehr bis zur 900-m-Marke. Nach neueren Untersuchungen beginnt der Bewegungsmangel schon sehr früh im Kleinkindalter.
Essverhalten. Im Vergleich zu Erwachsenen spielt beim Entstehen von Übergewicht bei Kindern Bewegungsmangel eine größere Rolle als Überernährung, aber diese Aussage ist wissenschaftlich nur schwer zu sichern. Tatsache ist, dass die Portionsgrößen beim kommerziellen Nahrungsangebot stark zugenommen haben und dass über die Hälfte der Kleinkinder regelmäßig zu kaloriendichte und zu süße Kindernahrung (z. B. Fruchtquark oder Schokopudding) konsumiert. Wird vor allem Fastfood außer Haus verzehrt, steigt das Risiko, übergewichtig zu werden, deutlicher an als in einem Haushalt, in dem regelmäßig ausgewogen gegessen wird. Sehr häufig spiegelt diese Esskultur aber die Beziehungskultur in der Familie wider – was den deutlichen Einfluss des sozialen Hintergrundes mit erklärt.
Soziale Ursachen. Bei der Frage, warum sich Kinder heute weniger bewegen, schwingt immer die implizite Schuldfrage mit. Dabei hat Bewegungsmangel oft nichts mit bewussten Entscheidungen zu tun, sondern geht zumindest teilweise auf Änderungen der Lebenswelt zurück. Tatsache ist, dass die Lebenswelt von Kindern heute stärker vereinzelt (weniger Spielpartner in unmittelbarer Nähe), verinselt (Freunde sind nicht zu Fuß zu erreichen) und entstraßlicht ist (die Straße als Spielraum entfällt). Zudem entfallen wichtige Bewegungsroutinen für Kinder (z. B. der Schulweg). Gleichzeitig stehen attraktive, aber bewegungsarme Freizeitbeschäftigungen wie Fernsehen, Handy sowie Computerspiele zur Verfügung.
Adipositas betrifft in erster Linie eine Risikogruppe von Kindern aus sozial benachteiligten Familien sowie Immigrantenfamilien. Studien haben ergeben, dass Jungen und Mädchen aus sozial benachteiligten Familien dreimal so häufig adipös sind wie solche mit hohem Sozialstatus. Interessanterweise hat auch das (Über-)Gewicht älterer Geschwister einen messbaren Einfluss auf das Dickwerden.
Schlaf. Auch zu wenig Schlaf wird in Verbindung gebracht mit Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen: Jede zusätzliche Stunde täglicher Schlaf soll den BMI um 0,48 sinken lassen.
Körperliche Ursachen. Sehr selten beruht das Übergewicht bei Kindern auf körperlichen Ursachen wie:
- Hormonstörungen. Hierzu zählen die Verlangsamung des Stoffwechsels durch eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) oder die Nebennierenrindenüberfunktion, bei der zu viel Kortisol gebildet wird, das die Fetteinlagerung v. a. am Körperstamm fördert.
- Erblich bedingte Erkrankungen. Vereinzelt führen auch Erkrankungen wie Trisomie 21 oder Prader-Willi-Syndrom und/oder Medikamente wie Neuroleptika, Antidepressiva und Insulin) zu einer Gewichtszunahme.
Diagnosesicherung
Messen und Wiegen. Ob eine Person übergewichtig ist oder nicht, wird auf verschiedene Art und Weise beurteilt. Allerdings ist das bei Kindern schwerer zu bestimmen als bei Erwachsenen. Die einfache Rechnung mit Gewicht und Körpergröße (sogenannter Body-Mass-Index, BMI) wie bei Erwachsenen eignet sich nur bedingt. Da Kinder diverse Entwicklungsphasen durchlaufen, in denen eine körperliche Fülle normal ist (Babyspeck), müssen neben der Körpergröße und dem Gewicht auch das Alter und das Geschlecht berücksichtigt werden. Aus diesem Grund werden häufig spezielle Kurven (Perzentilenkurven) herangezogen, die sowohl Größe und Gewicht, aber zusätzlich auch das Alter des Kindes einbeziehen.
Wie bei Erwachsenen mit Adipositas schließt die Kinderärzt*in zunächst Krankheiten als mögliche Ursachen aus und untersucht das Kind auf bereits vorhandene Schäden.
Untersuchung von Blut, Blutfetten, Blutdruck- und Blutzuckerwerten. Steht die Diagnose „Übergewicht“ oder „Adipositas“ fest, werden regelmäßig Blutdruck und einige Blutwerte nüchtern kontrolliert (Cholesterin, HDL-/LDL-Cholesterin, Triglyzeride, Glucose und Leberenzym), um Folgeerkrankungen frühzeitig zu erkennen.
Behandlung
Ab wann einem adipösen Kind eine Therapie anzuraten ist, ist derzeit nicht zu beantworten. Langfristige, d. h. über 3–5 Jahre anhaltende Erfolge, sind bisher nicht sicher nachgewiesen. Ob die Therapie nur nichts nutzt oder vielleicht sogar schadet, ist ebenfalls nicht bekannt – mögliche Nachteile der fast immer scheiternden Gewichtsreduktion auf die emotionale Entwicklung des Kindes sind nicht ausgeschlossen. Die Krankenkassen erstatten die Kosten einer Therapie derzeit nur in extremen Fällen sowie bei zusätzlichen Risikofaktoren oder Krankheiten.
Therapieziele. Bei Kindern hilft es wenig, eine Diät zu verordnen oder bestimmte Lebensmittel zu streichen. Meist reicht es bei noch wachsenden Kindern aus, das Körpergewicht zu halten, das Bewegungsverhalten und die Ernährung zu verbessern und Komplikationen von Übergewicht und Adipositas vorzubeugen.
Therapieformen
- Von den etwa 1.000.000 adipösen Kindern in Deutschland werden derzeit etwa 1,2 % in ambulanten Therapieprogrammen behandelt. Für Kinder unter 6 Jahren stehen derartige Therapieprogramme bisher nicht zur Verfügung.
- Vor Diäten muss gewarnt werden; sie versagen schon bei den meisten Erwachsenen. Zudem ist wissenschaftlich bewiesen, dass Kinder, die ihr Übergewicht immer wieder mit Diäten bekämpfen, häufiger Essstörungen bekommen wie Bulimie oder Magersucht und insgesamt deutlich mehr an Gewicht zunehmen [201].
- Medikamente und Formeldiäten spielen bisher keine Rolle in der Therapie des kindlichen Übergewichts.
- Operative Therapie: Dass die Übergewichtschirurgie auch bei Jugendlichen wirksam ist, ist nachgewiesen; allerdings sind Komplikationen nicht auszuschließen. Ein Banding des Magens (Magenband) kommt nur bei älteren Jugendlichen mit schwerer Adipositas infrage und setzt zudem voraus, dass die anderen Behandlungsansätze erfolglos waren. Das Magenband schränkt die Magenfüllkapazität erheblich ein; es tritt schneller ein Sättigungsgefühl auf. Hierzulande kommt als OP-Methode vor allem der Magenbypass, eine Magenverkleinerung, zum Einsatz. Im Vergleich zum Magenband wird hierbei eine höhere Gewichtsreduktion ermöglicht, und eine Nachoperation ist seltener erforderlich.
Prognose
Übergewichtige Kinder bleiben meist auch als Erwachsene übergewichtig. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 75 % aller Kinder, die im Alter von 10–11 Jahren einen BMI > 23 haben, im Erwachsenenalter sogar adipös sind.
Übergewicht und Adipositas haben bei Kindern langfristig die gleichen Folgen wie Adipositas bei Erwachsenen, manche Schäden treten schon im Kindesalter auf. Je früher die Adipositas beginnt, desto schwerwiegender sind die späteren Folgekrankheiten:
Diabetes mellitus. Bei immerhin einem Drittel der adipösen Kinder lassen sich Störungen des Zuckerstoffwechsels nachweisen, 1 % hat bereits einen Typ-2-Diabetes.
Psychosoziale Belastungen. Auch psychische Probleme und Verhaltensauffälligkeiten wie Essstörungen (Anorexia nervosa und Bulimie), Depressionen und geringes Selbstwertgefühl sind bei übergewichtigen Kindern häufiger (der ursächliche Zusammenhang ist allerdings wie bei Erwachsenen nicht gesichert).
Störungen im Hormonhaushalt. Die erste Regelblutung tritt wegen der vermehrten Östrogenproduktion im Fettgewebe früher ein, Zyklusstörungen sind häufig. Auch beschleunigt sich das Längenwachstum bei adipösen Kindern oft stark (da es aber früher zum Stillstand kommt, ist die Endgröße in etwa gleich).
Verschleißschäden am Stütz- und Bewegungsapparat. Am Skelett drohen früh Überlastungserscheinungen, v. a. eine Ablösung der Wachstumsfuge des Oberschenkelkopfs (Wachstumsfuge) sowie eine Wachstumsstörung der Schienbeine mit Bildung von O-Beinen. Zusätzlich leiden Übergewichtige eher unter Rückenschmerzen sowie Senk-, Spreiz- und Plattfüßen.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Übergewicht verstärkt kardiovaskuläre Risikofaktoren und erhöht damit das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfall, Herzinfarkt und Verengungen der Blutgefäße (Arteriosklerose) im Erwachsenenalter.
Entzündungen. Bei stark Übergewichtigen entwickeln sich zwischen den Hautfalten leicht Entzündungen (nässende Ekzeme).
Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom. Das Risiko für Atemaussetzer im Schlaf (Apnoe) ist bei übergewichtigen Teenagern erhöht.
Ihr Apotheker empfiehlt
Was Sie als Eltern tun können
Vorbild. Maßnahmen gegen Übergewicht sollten möglichst schon vor und während der Schwangerschaft und im Säuglingsalter erfolgen, spätestens jedoch im Kindergartenalter. Denn Kinder lernen in erster Linie von ihren Eltern und sehen genau, was diese machen! Das heißt: Eltern müssen mit gutem Beispiel vorangehen, denn sie bestimmen die Regeln im Alltag, mit denen die Kinder groß werden. Hierzu gehören beispielsweise die ausgewogene Zusammensetzung des Speiseplans, das Einhalten von gemeinsamen Mahlzeiten mit der Familie – in Ruhe und ohne Störung von Handy, PC oder laufendem Fernseher! – , die Häufigkeit und Art von Zwischenmahlzeiten, aber auch ein gesundheitsförderndes Bewegungsverhalten. Es gilt, einen gesunden Lebensstil attraktiv zu machen und den Kindern einen natürlichen Umgang mit Nahrung sowie ihrem eigenen Körper zu vermitteln. Die Eltern und älteren Geschwister sind dabei ein wichtiges Vorbild.
Akzeptieren. Ein nicht zu unterschätzendes Problem ist die Wahrnehmung der Eltern: Während die Gesellschaft kindliches Übergewicht immer stärker zum Thema macht, scheinen die Eltern in einer Art Wahrnehmungsfalle zu sitzen und nehmen das Übergewicht bei ihren Kindern nicht wahr. So unterschätzen nur 10 % der Mütter in Studien ihr eigenes Gewicht – dagegen unterschätzen fast 30 % das ihrer Kinder
Lebensstil. Soll sich am Gewicht Ihres Kindes etwas ändern, müssen alle in der Familie an dem Prozess teilnehmen, das heißt, Ihr Kind muss nicht allein seinen Lebensstil ändern. Schließlich profitieren alle von der gesünderen Lebensweise.
Bewegung. Helfen Sie Ihrem Kind, sich regelmäßig und viel zu bewegen. Viele Randbedingungen haben Sie dabei in der Hand:
- Hat Ihr Kind ein Fahrrad in geeigneter Größe? Wenn nicht, überlegen Sie, eines anzuschaffen. Falls der Preis ein Problem ist: Fast überall gibt es preiswerte gebrauchte Kinderäder.
- Könnte Ihr Kind mit dem Fahrrad in die Schule und in die Jugendgruppe fahren – nimmt aber lieber den Bus? Dann erklären Sie, dass bei gutem Wetter das Fahrrad "dran" ist, aber wenn es regnet oder friert, Sie weiterhin den Bus bezahlen.
- Wie verbringen Sie den Urlaub? Urlaube mit eingebauter Bewegung, egal ob in den Bergen, mit den Rädern oder auf dem Bauernhof sind gut – die Flugreise mit Badeurlaub eher ungünstig.
- Bieten Sie Aktivitäten und kleine Abenteuer: für Kindergartenkinder etwa im Winter das Schneemannbauen, im Frühjahr das Blumenpflücken, im Sommer das Radeln zum Freibad und im Herbst das Sammeln bunter Blätter. Bei größeren Kindern ist das „wilde“ Zelten in unbekannter Umgebung immer ein Volltreffer.
- Mit Aktivität und Abenteuer lassen sich auch Kindergeburtstage gestalten: Statt gemeinsamer Mediennutzung etwa sind Schnitzeljagden bis zum Ende der 3. oder 4. Klasse immer ein „Hit“ – und gewährleisten zufriedene Kindergesichter.
Weiterführende Informationen
- https://adipositas-gesellschaft.de/aga/ – Eine Übersicht über die derzeitigen ambulanten Therapieprogramme gibt die Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter der Universität Witten-Herdecke.
- www.bzga-essstoerungen.de– Informationsportal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA, Köln): Mit BMI-Rechner für Kinder und Jugendliche.
- www.adipositas-gesellschaft.de (Rubrik Leitlinien) – Website der Deutschen Adipositas-Gesellschaft e. V., Hamburg: Hier finden Sie die Leitlinie zur Vorbeugung und Behandlung der Adipositas im Kindes- und Jugendalter.
Weiterlesen:
Übergewicht und Adipositas bei Erwachsenen
Ursachen von Übergewicht
Übergewicht - ein Bilanzproblem
Vorhautverengung
Vorhautverengung (Phimose): Erworbene oder angeborene Erkrankung des Penis, bei der die Vorhaut so eng ist, dass dadurch Beschwerden entstehen.
Etwa 3 % aller Jungen sind betroffen. Die Vorhautverengung ist die häufigste Ursache von Vorhautentzündungen im Kindesalter.
Symptome und Leitbeschwerden
- Beschwerden beim Wasserlassen, "Ballonierung" der Vorhaut, dünner Harnstrahl
- Zurückschieben der Vorhaut erschwert oder nicht möglich
- Wiederkehrende Vorhautentzündungen.
Wann zum Kinderarzt
Bei Gelegenheit, wenn
- Sie vermuten, die Vorhaut Ihres Sohnes sei zu eng.
In den nächsten Tagen, wenn
- die Vorhaut Ihres Sohnes sich beim Wasserlassen ballonartig aufbläht oder Ihnen der Harnstrahl sehr dünn vorkommt.
Die Erkrankung
Krankheitsentstehung
Bei männlichen Babys ist die Vorhaut mit der Eichel verklebt und kann (und soll) nicht zurückgezogen werden. Durch diesen Trick schützt die Natur die empfindliche Eichel während der "Windelphase" vor der Einwirkung des recht aggressiven Urins. Etwa bis zum 3. Geburtstag löst sich diese Verklebung langsam, aber nicht in jedem Falle vollständig.
Im Einzelfall dauert die vollständige Lösung erheblich länger, und manchen Jungen ist es erst dann möglich, die Vorhaut ohne Probleme hinter die Eichel zu schieben, wenn die ersten Geschlechtshormone zu Beginn der Pubertät die Vorhaut auflockern. Ein Nachteil ist dies nicht: Die volle Mobilität der Vorhaut ist erst beim Geschlechtsverkehr gefragt, ebenso ist die regelmäßige Reinigung der Eichel frühestens mit Einsetzen der Pubertät erforderlich, da sich dann an der Vorhaut das talgartige Smegma bildet.
Manchmal ist die Vorhaut jedoch so eng, dass sie sich auch beim pubertierenden Jungen kaum oder gar nicht hinter die Eichel zurückstreifen lässt. Dies führt zu Schmerzen oder zu Schwierigkeiten beim Wasserlassen – erkennbar daran, dass sich die Vorhaut beim "Pinkeln" ballonartig aufbläht.
Ursachen
Eine angeborene Phimose entsteht durch eine zu enge Öffnung der Vorhaut oder durch Verklebungen zwischen Vorhaut und Eichel.
Die erworbene Phimose wird durch Vernarbungen der Vorhaut verursacht, die sich durch wiederholte Entzündungen oder bestimmte Hauterkrankungen bilden.
Komplikationen
Die Vorhautverengung begünstigt auch die Entstehung schmerzhafter Entzündungen der Vorhaut und der Eichel, da leicht Bakterien unter die Vorhaut gelangen. Zu erkennen ist die Balanitis daran, dass die Spitze des Penis gerötet ist, außerdem ist sie äußerst schmerzhaft und leicht angeschwollen. Wenn sich unter der Vorhaut Eiter ansammelt, hat der Junge auch beim Wasserlassen starke und brennende Schmerzen. Von einer Vorhaut- und Eichelentzündung spricht man, wenn zusätzlich auch die Eichel mitbetroffen ist.
Pathologische Phimose. Es sollte nie versucht werden, bei einem kleinen Jungen die Vorhaut gewaltsam zurückzuschieben, um den Lösungsprozess zu beschleunigen oder die Eichel zu waschen, denn das ist bei Kindern nicht nötig. Dies führt zu Einrissen und in der Folge zu narbigen Verengungen der Vorhaut. Die pathologische Phimose entsteht auch als Folge wiederkehrender Entzündungen unter der Vorhaut (Balanitiden), vor allem wenn der Junge bereits früher an eitrigen Balanitiden erkrankt war.
Paraphimose. Ist die Vorhaut sehr eng, besteht die Gefahr, dass sie sich zwar gerade noch hinter die Eichel schieben lässt, aber nicht mehr zurück. Diese auch "spanischer Kragen" genannte Paraphimose muss sofort ärztlich behandelt werden, da der so entstandene Schnürring die Blutversorgung der Eichel unterbricht.
Harnverhalt (Harnverhaltung, Harnretention). Hierbei ist es dem Jungen nicht mehr möglich, Wasser zu lassen. Ein solcher Harnverhalt ist ein Notfall und erfordert die Einweisung in die Kinderklinik.
Diagnosesicherung
Generell sollte eine Vorhautuntersuchung nur der Kinder- und Jugendarzt durchführen. Dabei prüft er, ob sich die Vorhaut ganz oder zumindest teilweise über die Eichel zurückschieben lässt und ob sich eventuell ein Schnürring bildet.
Behandlung
Einzig eine pathologische Phimose muss behandelt werden. Ansonsten gilt: Hat der Junge keine Beschwerden, wird am besten abgewartet. Bei Babys ist keine Behandlung notwendig. Die früher öfter genannte Regel, bis zum 3. Geburtstag solle gewartet werden, ist nicht wissenschaftlich abgesichert: Meist löst sich eine danach noch bestehende Vorhautenge bis zur Pubertät von selbst – spätestens jedoch bis zum 17. Lebensjahr.
Konservative Behandlung
Stört die Phimose und liegt lediglich eine Verengung ohne Komplikationen vor, so setzt der Arzt auf eine konservative Therapie. Hierbei wird die Vorhaut vorsichtig durch tägliche Dehnübungen geweitet.
Eventuell wird auf den nun frei liegenden Bereich der Eichel zusätzlich für einige Wochen täglich eine kortisonhaltige Salbe aufgetragen. Anschließend wird die Vorhaut wieder nach vorne gestreift. Diese Behandlung führt bei den meisten Jungen zum Erfolg. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Vorhaut sich später erneut verengt, gar nicht so gering. Dann wird die Behandlung wiederholt und zwar in jedem Fall mit dem Auftragen einer kortisonhaltigen Salbe.
Operative Behandlung
Wenn die Behandlung der Phimose durch die kortisonhaltige Salbe erfolglos bleibt, es sich um eine Paraphimose oder eine pathologische Phimose handelt oder wenn folgende Probleme auftreten, ist eine operative Therapie notwendig:
- Behinderung des Harnflusses, erkennbar an einem ballonartigen Aufblähen der Vorhaut beim Wasserlassen
- Blutiger Urin
- Wiederkehrende Vorhautentzündungen
- Häufige Schmerzen.
Die Operation – meist unter Vollnarkose – besteht aus einer Beschneidung (Zirkumzision), d. h. der Entfernung der Vorhaut. Dabei wird die Vorhaut teilweise oder ganz entfernt. Bei einer Teilbeschneidung besteht die Gefahr, dass sich die verbliebene Vorhaut nach einiger Zeit erneut verengt. Wird die Vorhaut komplett entfernt, liegt die Eichel anschließend frei, das heißt, dass es zu keiner weiteren Phimose kommt. Bei unkomplizierten, nicht vernarbten Fällen werden zunehmend minimalinvasive Operationsverfahren bevorzugt. Dabei bleibt die Vorhaut weitgehend erhalten, da sie lediglich eingeschnitten und anschließend längs vernäht wird.
Behandlungskomplikationen
Eine Zirkumzision zählt heutzutage zum Routineeingriff, dennoch leiden etwa 2 von 100 Personen anschließend an Beschwerden, die womöglich eine Nachbehandlung nötig machen:
Blutergüsse. Häufig entstehen nach der Operation Blutergüsse am Penis, die jedoch harmlos sind und meist nach einiger Zeit von selbst verschwinden.
Nachblutungen oder Entzündung der Operationswunde. Diese Komplikationen machen eine Nachbehandlung meist erforderlich.
Erneute Vorhautverengung. Bei der teilweisen Entfernung der Vorhaut besteht die Gefahr, dass sie sich nach einiger Zeit wieder verengt. Hier ist eine zweite und dann vollständige Entfernung notwendig.
Ihr Apotheker empfiehlt
Was Sie als Eltern tun können
Geduld. Bei einer Phimose sollten Sie Geduld haben, denn manchmal dauert sie bis in die Pubertät hinein. Solange Ihr Sohn keine Beschwerden hat: warten Sie ab – und auch ein Besuch beim Kinderarzt ist nicht notwendig!
Windelausschlag
Windelausschlag (Windeldermatitis): Wunder Po oder Wundsein im Windelbereich.
Der Windelausschlag ist v. a. bei Säuglingen und Kleinkindern im Alter von 9–12 Monaten eine der häufigsten Hauterkrankungen; es gibt praktisch keinen Säugling, der nicht einmal daran leidet. Rechtzeitig bemerkt, löst sich das Problem durch eine intensivierte Hautpflege binnen weniger Tage von selbst.
Symptome und Leitbeschwerden
- Flächenhafte Hautrötung, sie beginnt meist um den Anus herum, dehnt sich auf Innenseiten der Oberschenkel und Bauch aus
- Ausbildung kleiner Knötchen und Schuppungen
- Offene, nässende, wunde Stellen
- Schmerzender und juckender Po
- Starkes Brennen beim Urinieren
- Nach Ammoniak riechende Windeln
- Bei zusätzlicher Pilzinfektion Pusteln und Knötchen, die in die Umgebung streuen.
Wann zum Kinderarzt
Am nächsten Tag, wenn
- Sie den wunden Po durch verstärkte Pflegemaßnahmen (siehe "Was Sie als Eltern tun können") nicht "in den Griff" bekommen.
- sich der Zustand der Haut nicht innerhalb von 3–4 Tagen bessert, die Haut stark blutet oder andere Zeichen einer Pilzinfektion aufweist.
- sich viele Knötchen bilden, die sich auch auf die bisher gesunde Haut ausbreiten; dies ist ein Hinweis auf eine zusätzliche Infektion durch Hefepilze.
Heute noch, wenn
- sich Bläschen bzw. gelbe Krusten oder Fieber entwickeln; dies ist ein Hinweis auf eine zusätzliche Infektion durch Bakterien.
Die Erkrankung
Ursachen und Risikofaktoren
Auch wenn die Windel noch so saugfähig ist: Unter dem Windelpaket ist die zarte Kinderhaut durch die Feuchtigkeit immer stark belastet. Das feuchtwarme Milieu und das Reiben oder Scheuern der Windel reizt die empfindliche Hautoberfläche; sie wird anfälliger gegenüber unwillkommenen Keimen.
Kontakt mit Urin und Stuhl. Urin und Stuhl tun ein Übriges, um die Haut zu reizen. Kein Wunder, dass schon Durchfall oder ein versäumter Windelwechsel ausreichen, damit sich die Haut auch sichtbar entzündet, d. h. wund wird.
Ernährung. Auch wenn Gläschen mit neuer Nahrung beigefüttert werden oder wenn das Kind Fruchtsäfte oder Zitrusfrüchte, geriebenes Obst oder scharfes Essen bekommt, ist die Windeldermatitis häufiger. Ist das Wundsein nach einer Nahrungsumstellung aufgetreten, handelt es sich in aller Regel nicht um eine Allergie, sondern um eine natürliche Reaktion auf die neue Nahrung, die den Stuhlgang eine zeitlang verändert. Durch intensivierte Po-Pflege gewöhnt sich die Haut bald an die neue Nahrung. Auch saure und scharfe Speisen, die von der stillenden Mutter gegessen werden, begünstigen einen Windelausschlag.
Durchfall. Leiden Babys unter dünnflüssigem Stuhl, ist es schwierig, die Windel immer trocken zu halten. Hinzu kommt, dass der Stuhl aggressiv wirkt.
Mangelhafte Reinigung. Stuhl muss sofort entfernt werden, denn wird der Po nicht vollständig gereinigt, reagiert die Haut mit Entzündungen und evtl. auch allergisch.
Falsche Hautpflegemittel. Eine häufige Reinigung mit basischen Seifen (hoher pH-Wert) begünstigt einen Windelausschlag. Auch auf Salben, Cremes und Öle reagiert die empfindliche Haut allergisch, wenn sie Duft- oder Konservierungsstoffe enthalten.
Stoffwindeln. Diese sind ungünstig, zum einen saugen sie nur wenig Feuchtigkeit auf, zum anderen finden sich immer Waschmittel- oder Weichspülerrückstände darin.
Inhaltsstoffe der Windel. Eltern vermuten oft, dass ihre Säuglinge auf die Windel als solches allergisch reagieren. Studien zufolge sind die Windelmaterialien oder -inhaltsstoffe allerdings sehr selten Auslöser für den wunden Po.
Komplikationen
Oft kommt zum wunden Po noch ein weiteres Problem hinzu: Auf der geschädigten Haut siedeln sich leicht die im Darm bei jedem Kind vorkommenden Hefepilze (Candida albicans) an und machen aus dem Wundsein einen Windelsoor. Er ist daran zu erkennen, dass die Hautveränderungen nun nicht mehr scharf begrenzt sind, sondern sich Streuherde (einzelne Knötchen und Pusteln) in der Umgebung finden, etwa auf dem Bauch oder den Oberschenkeln. Oft schuppt sich beim Windelsoor auch die Haut am Rand des Ausschlags.
Bakterielle Infektionen. Sehr viel seltener sind die ernstzunehmenden bakteriellen Infektionen. Eine aufgepfropfte bakterielle Infektion, beispielsweise mit Staphylokokken, ist an den einzeln stehenden, von einem deutlichen roten Hof umrandeten Pusteln, Blasen oder Knötchen zu erkennen. Die Pusteln des Windelsoors sind viel kleiner, zahlreicher und haben keinen so ausgeprägten "zornig roten" Hof.
Fieber. Breiten sich die Bakterien im Körper aus, kommt es zu Fieber. Dabei geht es dem Säugling meist ziemlich schlecht.
Diagnosesicherung
Anhand der Hautveränderungen wird der Kinderarzt einen Windelausschlag erkennen.
Abstrich. Besteht der Verdacht auf einen Befall mit Bakterien oder Pilzen, wird der Arzt evtl. einen Hautabstrich für mikrobiologische Untersuchungen vornehmen.
Behandlung
Bei offenen Stellen der Haut verordnet der Arzt desinfizierende oder gerbstoffhaltige Präparate (z. B. Chlorhexidin® oder Tannosynth®) zum Auftragen oder Aufpinseln, seltener auch als Bäder oder feuchte Umschläge. Solche Präparate trocknen die Haut und beugen einer Infektion vor.
Kortison. In schweren Fällen wird der Kinderarzt für kurze Zeit eine Kortisonsalbe zum Auftragen verschreiben, um die Entzündung einzudämmen. Allerdings sollten Sie Kortison nur auf Anweisung des Arztes und nur für die vereinbarte Behandlungsdauer anwenden.
Antimykotikum. Bei einer zusätzlichen Hautinfektion durch Pilze verordnet der Arzt pilztötende Salben oder Cremes (Antimykotika). In ausgeprägten Fällen – oder wenn gleichzeitig ein Mundsoor besteht – sind Antimykotika zum Schlucken notwendig, damit die Pilze des Darms nicht immer wieder die Windelregion befallen.
Antibiotika. Bei bakteriellen Hautinfektionen sind antibiotische Cremes notwendig. Vor allem kleine Babys müssen manchmal auch Antibiotika einnehmen.
Krankenhausaufnahme. Bei Fieber ist unter Umständen sogar eine intravenöse Antibiotika-Behandlung im Krankenhaus unumgänglich.
Ihr Apotheker empfiehlt
Was Sie als Eltern tun können
Der Windelausschlag verschwindet meist durch wenige, einfache Maßnahmen:
Licht und Luft an den Po. Nichts geht über frische Luft. Lassen Sie Ihr Kind so oft wie möglich ein paar Stunden drinnen oder draußen strampeln, denn ein wunder Po heilt besser und schneller, wenn viel Licht und Luft an die Haut gelangt. Aber achten Sie darauf, dass es nicht friert.
Häufiger Windelwechsel. Überprüfen Sie die Windel sooft wie möglich durch Riechen oder Hineinschauen, ob sich Urin oder Stuhl ansammelt. Wenn ja, wechseln Sie sofort die Windel.
Sanftes Reinigen der Haut. Der Baby-Po darf nicht mit aggressiven Seifen gereinigt werden! Wasser oder Baby-Öl sind völlig ausreichend. Geben Sie etwas Wasser oder Öl auf ein Pflegetuch oder eine Stoffwindel und wischen Sie damit den Po sauber. Trocknen Sie ihn danach vorsichtig mit einem weichen Handtuch gut, aber sehr behutsam ab. Wenn auch vorsichtiges Tupfen dem Kind noch sehr wehtut, hilft es, die Haut warm trocken zu föhnen.
Wundschutzpasten, -salbe. Für die Zeit des Wundseins sollten Sie statt der normalen Babycreme besser zinkhaltige Salben wie Desitin® verwenden. Sie schützen die Haut vor allem nachts vor Feuchtigkeit und wirken beispielsweise durch Zink gleichzeitig entzündungshemmend.
Stillen. Untersuchungen haben gezeigt, dass der Stuhl von gestillten Babys u. a. einen niedrigeren pH-Wert hat als der von "Flaschenkindern". Stillen bietet offenbar einen gewissen Schutz vor einem Windelausschlag. Falls Sie also daran denken sollten, Ihr Kind abzustillen: Warten Sie besser noch eine zeitlang mit dem ersten Zufüttern.
Komplementärmedizin
Kamillenbäder. Kamile beschleunigt die Heilung der Haut. Für ein Bad oder Sitzbad mit Kamille gießen Sie 1 l Kamillentee in das Badewasser.
Salben. Zur Basispflege bei Windeldermatitis hat sich Calendula-Heilsalbe bei jedem Windelwechsel bewährt (z. B. Weleda Calendula Babycreme®). In der Apotheke bekommen Sie auch eine Salbe mit Zinkanteil und Pflanzenextrakt. In diesen Salben sind Extrakte z. B. von Calendula, Eichenrinde, Hamamelis oder Kamille enthalten. Babypuder sind ungeeignet, da sie verklumpen und dann die Haut eher aufscheuern als pflegen.
Scharfgarbentee. Die empfindliche Haut kann mit warmem Schafgarbentee gereinigt werden (1 Teelöffel mit 1 Tasse kochendem Wasser überbrühen, 10 Minuten ziehen lassen).
Muttermilch. Geben Sie ein paar Tropfen Muttermilch auf die wunde Hautstelle; das soll die Hautreizung lindern.